Wolbergs-Prozess: Richterin kritisiert Staatsanwaltschaft

Regensburg (dpa/lby) - Bei der Urteilsverkündung im Korruptionsprozess um den suspendierten Regensburger Oberbürgermeister Joachim Wolbergs hat die Vorsitzende Richterin Elke Escher die Arbeit der Staatsanwaltschaft scharf kritisiert. Dass sich die Anklagebehörde von ihr eine andere Verhandlungsführung gewünscht hätte, sei klar, sagte sie am Mittwoch im Landgericht Regensburg. Aber: "Ich hätte mir andere Ermittlungsarbeit gewünscht." Sie verwies auf schwere Fehler, so seien die Datenaufzeichnungen beim Abhören von Telefonaten teilweise grundrechtswidrig gewesen.
Das Gericht hatte Wolbergs am Mittwoch weitgehend freigesprochen. Er habe sich lediglich in zwei Fällen der Vorteilsannahme schuldig gemacht. Auf eine Strafe verzichtete die Große Wirtschaftsstrafkammer.
Emotionale Ausbrüche Wolbergs' sind Escher zufolge nicht gezielt als Respektlosigkeit gegenüber der Staatsanwaltschaft zu werten. Sie seien verständlich angesichts der Pannen, die passiert seien und auch den verzweifelten und vergeblichen Versuchen Wolbergs' geschuldet, bei der Staatsanwaltschaft auf Einsehen und Verständnis zu stoßen.
Zur Glaubwürdigkeit des früheren SPD-Politikers sagte Escher, die Staatsanwaltschaft habe Wolbergs "im Wesentlichen nicht geglaubt". Die Kammer dagegen habe ihm Glauben geschenkt. Seine Einlassungen seien "alles andere als stereotype Unschuldsbekundungen" gewesen. Vielmehr habe er sich sehr differenziert und detailreich geäußert und habe versucht, alles sofort zu beantworten. "Anhaltspunkte zum Taktieren konnte ich nicht feststellen."
Wolbergs musste sich seit vergangenem Herbst wegen Vorteilsannahme und Verstoßes gegen das Parteiengesetz verantworten. Die Staatsanwaltschaft hatte ihm zudem Bestechlichkeit zur Last gelegt und eine Gefängnisstrafe von viereinhalb Jahren gefordert. Seine Verteidiger plädierten auf Freispruch.