Wir wollen weiterwachsen!
NÜRNBERG - Das Nürnberger Brückenfestival, das mit 8000 Besuchern rechnet, bietet am 14. und 15. August wieder musikalische Geheimtipps.
Zwischen „Elektrospektakel, Marchingbrassband, instrumentalem Kopfkino und bombastischem 70er-Jahre-Retro-Hippie-Rock“ bewegen sich die zehn Bands, die am 14. (ab 18 Uhr) und 15. August (ab 15 Uhr) beim Nulltarif-Festival unter der Nürnberger Theodor-Heuss-Brücke auftreten. „Geheimtipps“ sind die Gruppen aus Fürth und London, Schweden und USA sowieso. Das gehört zum Lustprinzip der Macher, die das Brückenfestival weitgehend durch Gastro-Umsatz finanzieren und zuletzt 8000 Besucher lockten. Steffen Zimmermann (33), Sozialpädagoge und Gitarrist, ist Mitorganisator des Festvals.
AZ: Herr Zimmermann, hat der Kulturpreis der Stadt irgendwas verändert?
STEFFEN ZIMMERMANN: Mehr Aufmerksamkeit bringt es schon, besonders von Leuten, die uns bisher noch nicht entdeckt hatten. Das Preisgeld von 3500 Euro wollen wir allerdings erst nächstes Jahr für das 10-Jährige einsetzen. Wenn wir heuer damit nicht irgendwelche Finanzlücken schließen müssen.
Die eingeladenen Gruppen heißen Ebony Bones, Deltahead und Kaktus Groove Band – blamiert man sich, wenn man staunend vor diesen Namen steht?
Überhaupt nicht. Das ist ja eine der ursprünglichen Ideen des Brückenfestivals: Gruppen einzuladen, die Geheimtipp-Status besitzen und durch ihren Auftritt danach in Nürnberg einen guten Ruf haben. Eigentlich geht es darum, Bands zu präsentieren, die im Untergrund unterwegs sind.
Wird es schwieriger, fündig zu werden?
Es wird nicht schwieriger, solche Bands zu finden, aber sie zu finanzieren. Die Sonderkonditionen werden rar.
Weil mit steigendem Erfolg Begehrlichkeiten geweckt werden?
Nein, die Agenten, mit denen wir zu tun haben, wissen, dass wir ehrenamtlich arbeiten und wir nur eine bestimmte Gage zahlen können. Aber wir bewegen uns auf einen Punkt zu, wo viele Festivals irgendwann kippen, weil sie ihre Infrastruktur immer weiter aufblasen müssen.
Also Opfer des eigenen Erfolgs werden. Welche Entwicklung soll denn das Brückenfestival nehmen?
Man muss schon aufpassen, dass der familiäre Charme nicht verloren geht. Wir wollen sicher nicht den Bungee-Red-Bull-Turm. Trotzdem sind die Besuchszahlen natürlich ein Parameter für den Erfolg. Dementsprechend wollen wir auch so weitermachen und weiterwachsen. Es kommt vermutlich irgendwann die Liga, wo alles professionell sein muss und warmes Bier zum Aufstand führt. So wie es jetzt ist, ist es perfekt. Aber einen richtigen Masterplan haben wir in der Tat nicht.
Wäre ein anderer Spielort als die betongraue Unterseite des Mittleren Rings denkbar?
Aufgrund der Wettererfahrungen der letzten Jahre auf keinen Fall. Ein anderer Spielort wäre sicher sinnlos für uns. Ursprünglich ging es ja auch darum, einen Ort zu finden, der „kulturell“ nicht vorbelastet war. Andere Plätze wie Marienbergpark und Luitpoldhain sind schon bespielt, und eine Ersatzbrücke haben wir bislang auch nicht entdeckt.
Was sind denn künstlerische Kriterien ?
Am wichtigsten ist die Live-Präsenz. Wir sind viel unterwegs und versuchen, die Bands vorher zu sichten. Eine Sicherheit hat man zwar nie, wenn dann Gruppen wie im vergangenen Jahr Bonaparte mit zwei Musikern weniger auftauchen, aber das Risiko wird geringer.
Die Hälfte der Gruppen am Wochenende stammt aus der hiesigen Szene. Sieht nach Konzept aus.
Ist aber kein Dogma. Heuer ist es sogar eine regionale Gruppe mehr als sonst. Wenn sich genügend gute Bands vor Ort finden, werden wir die auch einbauen.
Als Mitmacher in Musikzentrale und MuZ-Club haben Sie den Überblick: In welcher Verfassung ist die hiesige Szene?
Es sind ja immer wellenartige Bewegungen. Momentan gehen die Bands, gerade junge, 16-, 17Jährige, wieder nach vorne, sind selbstbewusster. Aktives Kupfer etwa sprühen vor Kreativität und irgendwann werden sie ihren eigenen Stil finden. Und mit The Audience ist eines der Aushängeschilder der Szene dabei.
Gibt’s bei den Festivalmachern Anzeichen von Ermüdungserscheinungen?
Es gibt körperliche Ermüdungserscheinungen. Das Ehrenamt und die Lust darauf ist auf dem Niveau wie vor neun Jahren. Es kommen auch junge und neue Helfer nach. Aber das Bedürfnis, fünf Tage unter der Brücke zu schlafen, schrumpft ebenso wie am Sonntag nach dem Festival stundenlang Zigarettenkippen aus der Pegnitzwiese zu klauben. Andreas Radlmaier
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