„Wir sind ein Schmelztiegel“

Audio von Carbonatix
NÜRNBERG - Mando Diao, bei „Rock im Park“ gefeiert, kehren nach Nürnberg zurück: Schlagzeuger Samuel Giers im AZ-Interview.
Seit 2004 ihr Debüt-Album „Bring ’Em In“ in Deutschland erschien, hat sich die schwedische Band mit dem Phantasienamen Mando Diao zielsicher nach oben gespielt und ist mit dem aktuellen Titel „Dance With Somebody“ aus dem Radio nicht wegzudenken. Am 16. Oktober kommen die diesjährigen „Rock im Park“-Headliner, wo sie als Hochspannungs-Indierocker gefeiert wurden, in die Nürnberger Arena, zur Feier nach der Show reisen sie in die Erlanger Disco Hörsaal.
AZ: Mr. Giers, Sie kommen heuer im Oktober schon zum zweiten Mal nach Nürnberg!
SAMUEL GIERS: „Rock im Park“ war sehr cool! Es ist immer das erste große Festival im Sommer, etwas Besonderes. Bei „Rock am Ring“ sind wir sehr nervös. Am Tag danach in Nürnberg entspannen wir uns, können die Stimmung genießen.
Haben Sie etwas von Nürnberg gesehen?
Oh ja, wir waren in einem klassischen deutschen Restaurant, in einem Gebäude von 1400 oder so und haben Bratwürste gegessen!
Nürnberg war zur Nazi-Zeit Stadt der Reichsparteitage.
Obwohl die Zeit so schrecklich war, ist es zugleich aufregend und beängstigend, hier zu sein. Wenn man diese Orte besucht, fühlt man sich wie ein Teil der Geschichte. Es ist wichtig, dass Menschen aus ihren Fehlern lernen.
Wird das Thema Zweiter Weltkrieg auch an schwedischen Schulen behandelt?
Wir reden sehr viel darüber. Schweden war zwar neutral, aber trotzdem involviert durch unsere Stahl-Produktion.
Sie kommen aus Borlänge, einer kleinen Arbeiter-Stadt in der schwedischen Provinz. Hat Ihre Heimatstadt Sie beeinflusst oder inspiriert?
Die ersten zwei Alben waren sehr stark von den negativen Seiten von Borlänge beeinflusst. Beim zweiten Album sind einige der Band nach Stockholm gezogen. Da flossen mehr die positiven Dinge in die Musik ein, romantische Erinnerungen an die Kindheit.
Gustaf Norén ist seit zwei Jahren Vater. Spielt das für Ihre Musik eine Rolle?
Definitiv. Man wächst als Person und merkt, dass Familie sehr wichtig ist. Je erfolgreicher man als Künstler wird, desto wichtiger ist es, gute Freunde zu haben. Du entwickelst mehr Gespür dafür, was wichtig ist im Leben. Mit 19 und 20 war Musik alles für uns. Wir lieben unsere Musik und was wir tun immer noch. Aber jetzt denken wir auch mal nicht an Mando Diao, wenn wir nach Hause kommen.
Wie hat es sich angefühlt, als Sie zum ersten Mal eine siebenstellige Summe auf Ihrem Kontoauszug sahen?
In den ersten Jahren haben wir nicht viel verdient – es war genug zum Leben. Wir mussten viel arbeiten, tun es immer noch und haben auch nicht so viel Geld, wie die Leute immer denken.
Das freie Runterladen im Internet macht es sicherlich nicht einfacher. Bei den Bundestagswahlen tritt auch die ursprünglich schwedische Piraten-Partei an, die freies Kopieren im Netz propagiert.
Das ist etwas beängstigend. Sie haben eine seltsame Agenda – es klingt fast schon nach Anarchie. Das wirkt sich negativ auf die Qualität und Vielfalt von Musik und Film aus. Durch freien Download wird es für Musiker immer schwieriger, von ihrer Kunst zu leben.
Das aktuelle Album ist beeinflusst von David Lynchs Twin Peaks und Ingmar Bergman. Wer hat diese Ideen?
Irgendjemand von uns bringt Filme oder Musik mit, womit wir uns dann alle beschäftigen. Wir sind wie ein sich bewegender Organismus, eine Art Schmelztiegel.
Gibt es schon Pläne für ein neues Album?
Wir sind immer in Bewegung, haben ein paar Songs im Kopf, aber wir gehen langsam ran. Es wird anders und großartig sein – wie immer bei Mando Diao!
Interview: Marlene Schmidt
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