"Wind bläst ins Gesicht": Alpenvereine in Rage
Im Kampf gegen die höchst umstrittene Erweiterung des Kraftwerks Kaunertal und der touristischen Erschließung der Weißseespitze im österreichischen Bundesland Tirol mischt auch der Deutsche Alpenverein (DAV) mit. Die Natur im Alpenraum kenne keine Grenzen, sagte DAV-Präsident Roland Stierle auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Präsidenten des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV) Wolfgang Schnabl am Freitag in Graz.
Die Präsidenten beklagten, dass ihnen in beiden Ländern der politische Wind „ins Gesicht bläst“ (Stierle), weil die Anhörungs- und Mitwirkungsrechte der Verbände von der Politik Zug um Zug beschnitten würden.
Neue Lifte und Skipisten in den Ötztaler Bergen
Neben der im Platzertal bei Pfunds vorgesehenen 120 Meter hohen Staumauer und dem geplanten 120 Hektar großen Stausee laufen die Alpenvereine und andere Umweltverbände auch Sturm gegen eine geplante touristische Erschließung der 3518 Meter hohen Weißseespitze in den Ötztaler Bergen. Der „völlig unnötige“ Bau von Liften und die Anlage weiterer Skipisten liege genau zwischen zwei Berghütten des DAV, sagte Stierle.
Der DAV betreibt in Österreich 183 Hütten und betreut 15.000 Kilometer Wanderwege. Der deutsche Verein hat im Nachbarland daher den Status einer „Partei“ und kann in Verwaltungsverfahren als Nichtregierungsorganisation (NGO) mitwirken.
Vorwurf: Einwirkungsmöglichkeiten systematisch beschnitten
In Deutschland wie Österreich würden mit dem Argument der Verfahrensbeschleunigung und Entbürokratisierung die Einwirkungsmöglichkeiten der NGOs in Umweltangelegenheiten systematisch beschnitten, beklagten beide Alpenvereins-Präsidenten. Entbürokratisierung sei zu begrüßen, dürfe aber nicht zulasten der Natur gehen, sagte Stierle.

Der beste Beitrag zur Verfahrensvereinfachung sei es, wenn Investoren einfach die Finger von sensiblen und geschützten Naturräumen ließen. ÖAV-Präsident Schnabl kritisierte Aushebelung und Entmachtung der Umweltanwaltschaften in der Steiermark und Salzburg. In jedem österreichischen Bundesland müssen die jeweiligen Regierungen einen unabhängigen Umweltanwalt einsetzen.

In der Steiermark wurde überraschend die langjährige Umweltanwältin abgelöst. In Tirol sei durch ein Beschleunigungsgesetz das Mitwirkungsrecht der Umweltorganisationen massiv geschwächt worden, so Schnabl.
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