Will Waffen nicht hergeben: Bandidos-Boss klagt
Leipzig/Regensburg – Er ist lokaler Präsident eines berüchtigten internationalen Rockerclubs und bis an die Zähne bewaffnet - bislang mit Billigung des Staates. Als Inhaber mehrerer Waffenbesitzkarten sind 13 Waffen auf seinen Namen registriert. Außerdem darf er mit behördlicher Genehmigung Sprengstoff besitzen. Aber an diesem Mittwoch droht dem Präsidenten der "Bandidos MC Regensburg" - stellvertretend für alle führenden Rocker von "Bandidos", "Hells Angels" und ähnlichen Clubs in Deutschland - die Abrüstung. Das Bundesverwaltungsgericht will darüber entscheiden, ob Rocker der einschlägig bekannten Clubs grundsätzlich ungeeignet sind, Waffen zu besitzen.
Es wäre ein weiterer Schlag der Justiz gegen die Rockerszene, die in Deutschland ihre Rivalitäten in den vergangenen Jahren gehäuft blutig ausgetragen hat. Zuletzt hatte den Rockern das "Kuttenverbot" des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg zu schaffen gemacht. Das Verbot der einschlägigen Rockersymbole erschwert seither dort, wo es angewendet wird, die martialischen Machtdemonstrationen der Clubs.
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Der Fall des Oberpfälzer Bandidos-Chefs hat bereits die Instanzen durchlaufen: Als das zuständige Landratsamt von der Rockerkarriere des Motorradladen-Besitzers erfuhr, widerrief es die Waffenbesitzkarten und die Sprengstoff-Erlaubnis. Die Behörde stützt sich auf einen Passus des Waffengesetzes, wonach in seinem Fall von einer Unzuverlässigkeit und einem Missbrauch der Waffen ausgegangen werden müsse.
Doch der Rocker-Präsident klagte und bekam zunächst auch Recht: Das Verwaltungsgericht Regensburg hob die Entscheidung der Waffenbehörde auf. Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München wendete sich dann aber das Blatt: Bandidos-Mitglieder bewegten sich in einem kriminellen Umfeld, in dem typische Delikte der Organisierten Kriminalität begangen würden. Damit sei zumindest das Führungspersonal der Rockerclubs als waffenrechtlich unzuverlässig einzustufen, auch wenn der Betroffene selbst und sein Chapter oder Charter strafrechtlich unbelastet sind.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht will der Rocker das Urteil nun als Kläger zu seinen Gunsten wenden. Zuletzt hatte das Gericht 2009 in einem ähnlichen Fall gegen den Waffenbesitzer entschieden, als ein Rechtsextremist gegen den Entzug seines Waffenscheins geklagt hatte: Der ehemalige Vorsitzende der DVU hatte argumentiert, dass er einer zugelassenen Partei angehöre - doch das Parteien-Privileg nützte ihm in Leipzig nichts.
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Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hofft auf ein generelles Waffenbesitzverbot für die Rocker: "Das wäre sehr wünschenswert. Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum ein solcher Mensch Waffen besitzen sollte", sagt der Vize-Bundesvorsitzende Ulf Küch. "Das ist zu gefährlich, schließlich stellen sich diese Rocker als "Outlaws" (Gesetzlose, d. Red.) ausdrücklich außerhalb unserer Rechtsordnung."
Das Problem des illegalen Waffenbesitzes der Rocker werden die Bundesrichter in Leipzig am Mittwoch nicht lösen können. Immer wieder waren bei Razzien in den vergangenen Jahren enorme Arsenale entdeckt worden: In Düsseldorf beschlagnahmte die Polizei beim Verbot des dortigen Hells-Angels-Chapters 1999 Sprengstoff und 35 Waffen, die zum Teil in unterirdischen Depots auf dem Vereinsgelände versteckt waren. Seither wurden größere Waffendepots, die den einschlägigen Rockergruppen zugerechnet wurden, auch in Flensburg, Rottweil, Rastatt, Cottbus, Mecklenburg-Vorpommern, Südniedersachsen sowie Bayern ausgehoben.
Wie der Staat gegen kriminelle Rocker vorgeht:
Zu den untereinander verfeindeten Rockergruppen gehören Hells Angels, MC Gremium, Bandidos und Outlaws. Das Bundeskriminalamt (BKA) geht von bundesweit etwa 9000 Rockern aus. Bei der Organisierten Kriminalität stand 2013 laut BKA jedes achte Verfahren im Zusammenhang mit Rockern. Seit einigen Jahren geht der Staat verschärft gegen Rockerbanden vor:
CLUB-VERBOTE: Bereits 1983 verbot das Bundesinnenministerium die Hells Angels in Hamburg. 2000 erließ das nordrhein-westfälische Innenministerium ein Verbot gegen die Hells Angels in Düsseldorf. 2010 folgten die Hells Angels in Flensburg (Schleswig-Holstein), 2011 die Pforzheimer Hells Angels (Baden-Württemberg) und zwei Ortsclubs in Frankfurt/Main. 2012 verboten die Behörden die Hells Angels in Kiel, Köln und Berlin, 2013 in Bremen und Brandenburg. Im Juli 2013 verfügte das Bundesinnenministerium mit dem Verbot der Gruppe MC Gremium in Sachsen erstmals die Auflösung eines kompletten Regionalverbands. Im Oktober 2014 wurden auch die Hells Angels im niedersächsischen Göttingen verboten.
VERBOTE VON ROCKERSYMBOLEN: Für das in vielen Bundesländern geltende Verbot des Zeigens bestimmter Rockersymbole stützen sich die Innenministerien auf eine Entscheidung des Hamburger Oberlandesgerichts. Im April 2014 bestätigten die Richter dort ein Urteil, das im Tragen bestimmter Symbole der Hells Angels wie dem geflügelter Totenkopf auf der Kutte einen Verstoß gegen das Vereinsgesetz sah. Allerdings sei jeder Einzelfall zu prüfen. Eine bundeseinheitliche Regelung gibt es nicht. Nordrhein-Westfalen hat nach dem Hamburger Urteil als bislang einziges Bundesland außer den Symbolen der Hells Angels auch die der Bandidos und sechs anderer Gruppen verboten.
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