Wie Frankens Firmen-Chefs um Lehrlinge werben!

Was früher Nachwuchssuche war, nennt sich jetzt „Ausbildungsmarketing 2.0“.
NÜRNBERG Weniger Geburten und wachsende Fachkräftenot: Unternehmen müssen sich bei der Suche nach Lehrlingen in Zukunft mehr einfallen lassen, erst recht, weil nach Auskunft der Nürnberger Agentur für Arbeit im Oktober 2010 in Bayern rund 5000 Lehrstellen unbesetzt waren. Der traditionelle Weg etwa über den Tag der offenen Tür ist nach Meinung des Marketingexperten Christoph Beck längst überholt. Ausbildungsberufe und Unternehmen müssten Jugendlichen vor allem „hip“ und „erlebbar“ vermittelt werden.
„Es geht Querbeet vom Casting bis hin zum Azubi-Speed-Dating“, sagte Beck von der Fachhochschule Koblenz. Der Druck auf Unternehmen steigt, denn die Zahl der Bewerber auf Lehrstellen nimmt wegen des demografischen Wandels immer mehr ab.
„Ich muss in den Medien spielen, wo sich auch die Zielgruppe aufhält“
Rund 80 Prozent aller Anwärter suchten nach Jobs und Ausbildungsplätzen mittlerweile im Internet, sagte der Wirtschaftsexperte. Firmen stellten sich darauf ein – mit Azubi- Blogs und Videos auf ihren Karriere-Webseiten sowie mit Präsenz in sozialen Netzwerken wie Facebook. Dort sei der potenzielle Nachwuchs sehr oft zu finden. „Ich muss in den Medien spielen, wo sich auch die Zielgruppe aufhält“, sagte Beck. Die große Mehrheit der 15- bis 24-Jährigen besitzt mindestens ein eigenes Profil in Netzwerken wie Facebook.
5000 Lehrstellen in Bayern sind noch frei: Neben Nachwuchs im Handwerk werden im Freistaat vor allem noch Fachverkäufer im Fischereiwesen, Köche und Hotelfachleute gesucht. „Es muss schon einen gewissen Event- und Partycharakter haben, wenn Sie die heutigen Auszubildenden erreichen wollen“, sagte Beck. Das bayerische Handwerk etwa startete die Nachwuchskampagne „Macher gesucht!“ im populären Casting-Stil. Nach regionalen Auswahlverfahren können sich Jugendliche für das Finale in München qualifizieren. Dieses Jahr gab es etwa ein Praktikum in einem Seilereibetrieb für Extremsportarten zu gewinnen.
„Social Media gehört einfach dazu.“
Einige Banken veranstalten Azubi-Nights in ihren Filialen mit ausgewählten Kunden, um Bankberufe Jugendlichen authentisch und erlebbar vorzustellen. Gerade der klassische Beruf des Bankkaufmanns gehöre mittlerweile zu den unbeliebten Berufen, sagte Beck. „Man hat es einfach verpasst, die Attraktivität des Berufes nach vorne zu stellen.“ Anders sehe es beim Beruf des Koches aus, der sei gerade bei jungen Männern sehr angesagt, vor allem durch Kochsendungen im Fernsehen mit prominenten Köchen.
Nach Einschätzung Becks wird sich das sogenannte „Ausbildungsmarketing 2.0“ rasend schnell weiterentwickeln. „Innerhalb von einem Jahr werden wir wahnsinnig viele Unternehmen haben, die in diesem Bereich aktiv sind“, sagte Beck. Die neue Strategie werde dennoch die traditionellen Wege der Nachwuchssuche nicht ersetzen, „social Media gehört einfach dazu.“