Wie die Zwieselalm von Behördenauflagen zerstört wird
Die Zwieselalm oberhalb von Bad Reichenhall ist eine der letzten bewirteten Almen in der Region, die sich im Privatbesitz befindet und keine Zufahrt hat. Seit 100 Jahren gehört sie Andi Potschachers Familie, sein Großvater hatte früher noch den ganzen Sommer über Urlaub bekommen, um die Alm zu bewirtschaften. Potschacher kümmert sich heute nebenberuflich um die Wirtschaft, und das mit Leidenschaft – das merkt man schnell, wenn man ihn über seine Alm sprechen hört. Ob er sich vorstellen kann, den Familienbetrieb aufzugeben? "Überhaupts ned", sagt er. Doch am Ende wird ihm vielleicht nichts anderes übrigbleiben.
Denn der familiengeführte Betrieb (mit sechs Familienmitgliedern und zwei Angestellten) erstickt nahezu in Behördenauflagen. Seit 2024 muss das gesamte Abwasser der Hütte per Helikopter ins Tal geflogen werden. Die Alternative wäre der Bau einer Kleinkläranlage, doch diese sei mit Kosten im sechsstelligen Bereich für den Betrieb nicht erschwinglich, sagt Potschacher. Zudem würde sie aufgrund von Wasserknappheit oben auf der Alm wohl gar nicht funktionieren.
6000 Euro für den Abtransport von Abwasser
Und so wird das Abwasser nun in einer Grube gesammelt, sobald eine Lampe aufleuchtet in einen flugfähigen Container umgepumpt und mit dem Hubschrauber ins Tal geflogen. "Außer mir mag das keiner machen", sagt Potschacher. 6000 Euro habe der Abtransport des Abwassers im vergangenen Jahr gekostet, viermal musste geflogen werden. In diesem Jahr hofft er, zwei Flüge zu sparen, denn die Alm hat nun nur noch am Wochenende geöffnet.

Potschacher und seine Frau gehen arbeiten – und finanzieren mittlerweile über ihr Gehalt den Betrieb. Denn während die Auflagen steigen (von Bierkästen, die in abschließbaren Stahlschränken gelagert werden müssen, über Unbedenklichkeitsbescheinigungen und Gefährdungsbeurteilungen), sinken die Einnahmen. Seit Corona kämen zwar mehr Menschen auf den Berg, würden aber weniger konsumieren.
Bundesumweltamt fordert Risikoanalyse
Manche kaufen sich zu sechst gerade mal zwei Bier, sagt Potschacher. Und das, obwohl die Preise alles andere als ausufernd sind, dafür, dass alles mit dem Hubschrauber oder zu Fuß auf den Berg transportiert werden muss: 4,90 Euro die Halbe, 5,20 Euro das Weißbier, zwölf Euro die Brotzeit.
Zuletzt forderte das Bundesumweltamt eine Risikoanalyse zum Quelleneinzugsgebiet wegen möglicher chemischer Schadstoffe im Wasser, das regelmäßig geprüft und UV-bestrahlt wird. "Mitten im Gebirge, unter einem Gipfel, ohne Industrie und Straßen drumherum." Für Potschacher fühlt sich das Ganze wie Schikane an – das sei einfach Behördenwillkür.
Durch die neuen Öffnungszeiten versucht die Familie, ihre Ausgaben und Einnahmen wieder in Einklang zu bringen. Es sei "ein letzter Versuch", damit die Zwieselalm nicht endgültig schließen muss. "Denn auch wenn alles schwer ist, unser Herz hängt an der Alm."
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