Wenn die Erwerbsminderungsrente nicht kommt: Beschwerden über lange Wartezeiten in Bayern
München - Es war eine harte Zeit für Tijana J. Die Münchnerin (41) wartete bereits ein Jahr auf die Verlängerung ihrer Erwerbsminderungsrente wegen einer chronischen Darmkrankheit und weiterer Erkrankungen, und noch immer hatte sie keine Antwort von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund.
"Ich musste mich arbeitslos melden"
Was das bedeutet, schildert sie der AZ: "Ich musste mich arbeitslos melden und hatte viel weniger Geld zur Verfügung. Knapp 1080 Euro hatte ich auf der Hand, und davon musste ich noch die Miete bezahlen."

Nur der Tatsache, dass sie schon seit 20 Jahren in ihrer Wohnung wohnt und eine entsprechend geringe Miete hat, verdankt sie es, dass sie nicht auf der Straße sitzt. Dennoch dachte sie an einen Wohngeldantrag: "Da dauert die Bearbeitung ein Jahr!" Und ob der Antrag dann bewilligt sein würde, stand in den Sternen.
"Man kann am normalen sozialen Leben nicht mehr teilnehmen"
Zur Miete kommen Strom, Handy, Telefon, GEZ, Versicherungen: "800 Euro Fixkosten" hat die Münchnerin, zum Leben blieb nicht mehr viel. "Man kann sich nicht mehr viele Dinge leisten, kann nicht mehr ins Kino gehen, nicht Essen gehen, und man überlegt sich drei Mal, ob man sich eine Monatskarte für den ÖPNV kaufen soll. Man kann am normalen sozialen Leben nicht mehr teilnehmen."
Am 21. Februar wendet sich das Blatt: Nachdem sich J. an die AZ gewandt hatte, wurde der Bescheid für ihre Erwerbsminderungsrente an jenem Dienstag verlängert. "Ich kann es kaum fassen", sagt J. voller Freude. In ihrem Fall, so schildert es die DRV Bund, hatte die Überschneidung mit einem gleichzeitigen Antrag auf Überprüfung der Berechnung ihrer Rente zur Verzögerung geführt. Ein Versehen, für das man sich entschuldige.
Durchschnittliche Bearbeitungsdauer: knapp fünf Monate
Durchschnittlich habe die Bearbeitungsdauer von Anträgen auf Erwerbsminderungsrente 2022 bei knapp fünf Monaten gelegen, teilt die DRV Bund weiter mit. Zumindest in Bayern aber komme es "wegen mangelnder Gutachterkapazität" öfter vor, dass die Bearbeitungsdauer bei mehr als einem halben oder gar einem Jahr liege, sagt Daniel Overdiek, Leiter der Rechtsabteilung des Sozialverbands VdK Bayern, der AZ: "Eindeutig zu lang" sei das.
"Für manche wird die Wartezeit existenzbedrohend"
Ein Zeitproblem habe es früher schon gegeben, mit Corona habe es sich verschärft, auch, weil Begutachtungen gar nicht stattfinden konnten.
Dazu komme: "40 Prozent der Anträge werden abgelehnt." Wer den Klageweg beschreitet, müsse möglicherweise weitere zwei Jahre warten. Besonders bitter sei das Warten auf die Erwerbsminderungsrente, wenn auch das Krankengeld ausgeschöpft sei, sagt Overdiek. "Dann bleibt nur Hartz IV oder Bürgergeld. Und manchmal geht man komplett leer aus, wenn man zu viel Vermögen hat." Für manche werde die Wartezeit existenzbedrohend.
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