Weniger Mehrwertsteuer – wer profitiert?
MÜNCHEN - Jetzt gilt’s: Hotels dürfen ab jetzt weniger Mehrwertsteuer verlangen – sieben statt 19 Prozent. Nur: Spürt das der Kunde? Da sind sich viele Experten nicht sicher.
Für die Senkung machte sich der Chef des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband (BHG), Siegfried Gallus, schon stark. Er forderte gleiche Bedingungen im Wettbewerb mit anderen europäischen Ländern – so müssten Hotels und Gaststätten in Österreich nur zehn Prozent, in Tschechien neun Prozent und in der Schweiz sogar nur 3,6 Prozent Mehrwertsteuer ans Finanzamt abführen.
Jetzt stehen die Deutschen bei Übernachtungen sogar besser da als das Ausland. In der Gastronomie gelten allerdings weiter die alten 19 Prozent. Wer also Übernachtung mit Frühstück anbietet, muss die Posten mit unterschiedlicher Mehrwertsteuer berechnen.
Verbraucherschützer verlangen, dass die Preissenkungen an die Gäste weitergegeben werden. „Es kann nicht sein, dass das Geld nur in den Taschen der Hoteliers landet“, sagt Christian Fronczak vom Verbraucherzentrale Bundesverband in Berlin. Doch die Mehrzahl der Hotels und Gasthöfe in Bayern will die Preise laut einer Umfrage nicht senken. Nur etwa 20 Prozent hätten niedrigere Preise angekündigt, räumte Gallus im November ein. Die übrigen wollten das gesparte Geld für Investitionen oder die Sicherung von Arbeitsplätzen nutzen.
Auch bundesweit wird das Geld nicht vorwiegend in Preissenkungen fließen. Nach einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes wollen die Hoteliers nur gut ein Fünftel der Einsparungen in Preissenkungen stecken. Der Verband verspricht: „Gäste, Mitarbeiter sowie Handwerker und Zulieferer werden gleichermaßen profitieren.“ Auch Investitionen seien eine Weitergabe der Steuerentlastung an die Kunden, da das Preis-Leistungsverhältnis steige, betont die BHG-Geschäftsführerin für Grundsatzfragen, Karin Eiden. Der Verband hofft deshalb auf steigende Übernachtungszahlen.
Ob Gäste, die eine Reise in eine bestimmte Region oder Stadt planen, wegen der niedrigeren Steuer ab sofort ihr Reiseziel ändern, ist aber offen: Wandern Wintersportler vom vergleichsweise schneesicheren Österreich deshalb plötzlich ins weniger schneesichere Bayern ab? Reisen Touristen lieber nach Berlin statt nach Wien? Wird es mehr Konferenzen in deutschen Hotels statt in Nachbarländern geben?
Skepsis auch bei Gewerkschaftern: Niedrigere Preise, die den Tourismus ankurbeln könnten, seien ebenso wenig zu erwarten wie Lohnerhöhungen für die Beschäftigten, sagte jüngst Freddy Adjan, Münchner Geschäftsführer der Gewerkschaft NGG. Er verlangt gesetzliche Auflagen für die Verwendung der Gelder.
Die Steuersenkung wird jedenfalls Millionen kosten. „Eigentlich ist nicht einzusehen, dass in diesen Zeiten Steuergeschenke verteilt werden – was uns in dieser oder jener Form als Bumerang wieder treffen wird“, sagt Christian Fronczak vom Verbraucherzentrale Bundesverband. „Uns wären andere Dinge eingefallen, bei denen das Instrument zielgerichteter hätte eingesetzt werden können und einen größeren Konjunkturschub gebracht hätte als bei Hotelübernachtungen.“ Der Verband hätte etwa lieber Windeln begünstigt; auch Kindermöbel und -kleidung seien in vielen Ländern niedriger besteuert – davon könne die Gesellschaft mehr profitieren.