Wels erschossen: So wird das Thema von der AZ-Leserschaft diskutiert
Mitten in die heißesten Tage des Jahres hinein sorgte eine Meldung aus dem fränkischen Seenland für eine hitzige Diskussion: Ist es in Ordnung, einen Fisch zu erlegen, weil er sich durch Menschen gestört fühlt? Darum geht es: Ein aggressiver, über zwei Meter langer Wels hatte am vergangenen Freitag in einem Badesee in Mittelfranken mindestens fünf Badegäste verletzt. Der Fisch war am späten Freitagnachmittag im Brombachsee im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen auffällig geworden. Er habe sich längere Zeit im Bereich einer Schwimminsel aufgehalten, sei sehr angriffslustig gewesen und habe immer wieder Badegäste angegriffen, berichteten die Polizisten. Die Bisswunden der Schwimmer versorgten Rettungskräfte des Roten Kreuzes vor Ort. Zusammen mit der Wasserwacht und dem örtlichen Fischereiverein habe man die Entscheidung gefallen, den Fisch zu töten. Ein Polizist erschoss den 90 Kilogramm schweren Riesenwels schließlich mit seiner Dienstpistole.
Mehr als tausend Kommentare zu erlegtem Wels
Das Vorgehen stößt auf Zustimmung wie auf Ablehnung. Über tausend Kommentare finden sich unter mehreren AZ-Beiträgen zum Thema.
"Euch will ich sehen, wenn ein Kind verletzt worden wäre. Der Fisch war eine reale Bedrohung und es ist nun einmal ein künstlicher Stau- und Badesee!", schreibt etwa eine Userin auf Facebook und verteidigt damit das Vorgehen der Polizei.
Ganz ähnlich argumentiert eine andere Userin: "Frage an jene, die hier so motzen und über den Polizisten herziehen: Der Fisch beißt eurem Kind nur in die Hand und verletzt es (ja net grad klein der Bursche könnte mehr) Bitte Eure Kommentare. Danke."
Biss wie Schmirgelpapier
Der Sprecher des Landesfischereiverbandes ordnet das gegenüber der AZ ein. Selbst wer das Pech hätte, von einem Waller angegriffen zu werden, müsse sich keine Sorgen machen. Er vergleicht den Biss des Fisches mit dem Gefühl von Schmirgelpapier. "Man trägt eine Schürfwunde davon, so wie wenn man vom Radl stürzt." Aber: "Er kann einen nicht festhalten mit dem Maul. Er kann einen also nicht in die Tiefe ziehen." Warum hat man den Wels dann trotzdem erschossen? Die Polizei erklärt gegenüber der AZ, dass man nicht hätte verantworten können, "dass da jemand ertrinkt wegen einer Panikattacke oder ähnlichem".
"Haben Tiere nirgends Ruhe?"
Wesentlich öfter finden sich aber kritische Stimmen. Ein User kommentiert etwa: "Haben die Tiere nirgends Ruhe, 50 Jahre im See geschwommen und nun erschossen." Mit einer Größe von zwei Metern und 90 Kilogramm Gewicht wird der Wels tatsächlich schon ein stattliches Alter gehabt haben. Wie die Landesanstalt für Landwirtschaft erklärt, kann ein Wels bis zu 80 Jahre alt werden und eine Größe von 2,5 bis 3 Meter bei einem Gewicht bis 100 Kilo erreichen. Er gehört zur größten heimischen Fischart.
Hat der Wels die Badegäste gestört oder die Badegäste den Wels?
Ein User verweist auf den Verteidungsmodus, in dem der Wels unterwegs gewesen sein könnte: "Was für eine Heldentat, der Waller hat seinen Nachwuchs beschützt. Ja, Welse betreiben eine Form der Nestbau-Brutpflege. Männliche Welse suchen flache, ufernahe Bereiche auf und legen dort eine Art Nest oder Grube an, oft aus Pflanzenmaterial. In dieses Nest lockt das Männchen ein Weibchen, um dort abzulaichen. Das Männchen bewacht anschließend das Gelege und fächelt den Eiern regelmäßig frisches Wasser zu, bis die Jungfische schlüpfen."
Das bestätigt auch Sprecher vom Landesfischereiverband (LFV) Bayern der AZ, der sagt, dass es "extrem selten" sei, dass ein Waller Badegäste attackiert. "Das passiert dann, wenn der Waller in der Laichzeit sein Gelege bewacht." Diese ist normalerweise von Mai bis Juni – weil aber das Frühjahr recht kühl war, verschiebt sie sich dieses Jahr laut LVF nach hinten. Wichtig sei die Temperatur des Wassers: Die müsse bei 18 Grad Celsius liegen.
Weil es nicht in den menschlichen Plan passt
Ein anderer User kommentiert: "Man, man, ein Tier erlegen, weils nicht in den menschlichen Plan passt". Dieser Kommentar erreicht die meisten Reaktionen: "Der Mensch drängt sich überall rein. Schade das [sic!] der Fisch getötet wurde." Das will wiederum ein Nutzer so nicht stehen lassen und antwortet, dass es sich beim Brombachsee um kein natürliches Gewässer handelt: "Der Mensch drängt sich in künstlich angelegte Badeseen?"
Ein anderer antwortet mit einem Augenzwinkern: "Ist doch ein Speisefisch, gibt viele Portionen in der Gastronomie!" Ähnlich sieht man es wohl vor Ort. Wie der "Focus" schreibt, soll der Waller zu Fischfrikadellen verarbeitet werden, die beim Fischerfest am Altmühlsee im Oktober verköstigt werden können sollen.
Zur Schuldfrage kommentiert ein User: "Nicht der Wels hat gestört, sondern die Badegäste." Man hätte diesen Bereich einfach sperren können und "die Sache wäre in 2 bis 3 Wochen erledigt." Nun sei der Wels tot und die Brut auch.
Peta erstattet Anzeige
Dass die Debatte auch über Facebook hinausgeht, zeigt die Reaktion von Peta. Die Tierschutzorganisation wird nach eigener Aussage Strafanzeige gegen die Beteiligten erstatten. Peta-Fachreferentin Jana Hoger kommentiert dazu, dass sie schockiert vom Vorgehen der zuständigen Polizei und der Angler sei, die ganz offenbar für den extrem schmerzhaften, langsamen und vor allem auch unnötigen und gesetzeswidrigen Tod des Welses verantwortlich seien. "Der Wels wollte mit hoher Wahrscheinlichkeit sein Nest und somit auch seinen Nachwuchs verteidigen und hat ein absolut arttypisches Verhalten gezeigt." Ihn zu töten, damit die unzähligen Gäste weiterhin ungestört im See baden können, stelle einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar.
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