Was ist denn im Paulanergarten los? Wie eine Bierwerbung für Aufsehen sorgt
München/Fürstenfeldbruck - Auf Plakaten in der ganzen Stadt ist eine Flasche König Ludwig Weissbier, ein perfekt gezapftes Weizengetränk und im Hintergrund das unverkennbare Schloss Neuschwanstein zu sehen. Daneben steht der Spruch: "Für dieses Bier muss keine Geschichte erfunden werden."
Auf den ersten Blick liest sich das wie ein harmloser Werbespruch, der mit dem historischen Hintergrund der Brauerei spielt. Auf den zweiten Blick könnte manch einer eine Stichelei dahinter vermuten. Die Kaltenberger König-Ludwig-Schloßbrauerei begründet den Spruch auf Nachfrage der AZ damit, dass sie auf die lange Geschichte ihrer Brautradition hinweisen wollten.
Die Wurzeln reichen bis ins 11. Jahrhundert
Und die ist wirklich lang: Die Wurzeln der Wittelsbacher gehen bis in das Jahr 1045 zurück. Noch heute besteht das Adelsgeschlecht, das für Jahrhunderte die Politik Bayerns und sogar Europas bestimmte. Statt zu herrschen, leitet der Urenkel des letzten bayerischen Königs, Luitpold Prinz von Bayern, die Schloßbrauerei in Kaltenberg.

Alte Werbespots von Paulaner wurden zum Internet-Witz
Diese teilt weiter mit: "Mit dem Claim möchten wir unterstreichen: Unsere Geschichte ist keine Marketingkonstruktion." Einleuchtend, dass so eine Historie auch das Werbe-Team aufgreift. Zugleich stellt sich die Frage: Welche Brauerei erfindet denn Geschichten, von der sich die Kaltenberger abheben wollen?
Ein möglicher Kandidat: Paulaner. Der Grund: Die Münchner Brauerei ist bekannt für ihre alten TV-Werbespots, die "G'schichten aus dem Paulanergarten" erzählen. Die sehen etwa so aus: Eine Gruppe aus jungen Männern setzt sich zusammen, einer bestellt ein Weizen. Ein älterer Mann vom Nebentisch korrigiert: "Des hoaßt Weißbier." Der junge Mann fragt verwundert: "Oha, seit wann das denn?"
Der ältere Mann vom Nebentisch erklärt: "Seit 1634." Die jungen Männer lenken schließlich mit einem Augenzwinkern ein: Die schon ergrauten Herren werden es wegen ihres Alters schon besser wissen. Nach dieser Formel laufen in etwa auch die anderen TV-Spots ab, von denen heute noch einige im Internet zu finden sind. Was immer gleichbleibt: Die Clips stellen eine vermeintliche Alltagssituation im Biergarten nach.
Eine gehörige Portion Zynismus schwingt meist mit
Weil die auf Pointen ausgelegt sind und ganz offensichtlich nicht die Realität abbilden, hat sich über die Jahre daraus ein Internet-Witz entwickelt. Wann immer jemand im Netz etwas Unglaubwürdiges erzählt, kommentieren Nutzer darunter "Geschichten aus dem Paulanergarten". Heißt: Die Geschichte ist sowas von ausgedacht. Diese Reaktion wird vor allem dann gepostet, wenn der Erzählende sich besonders heldenhaft, mutig oder hilfsbereit verhalten haben soll. Eine gehörige Portion Zynismus schwingt also meist mit.
Die Kaltenberger Schloßbrauerei stellt aber klar: "Eine gezielte Anspielung auf andere Marken, wie etwa Paulaner, war mit diesem Claim nicht beabsichtigt." Ein Statement aus dem Paulanergarten, ob sich die Münchner Brauerei davon angegriffen fühlt, hat die AZ bis Redaktionsschluss nicht erhalten.
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