Warum habt Ihr ihn bloß wieder freigelassen?
Werner H. saß bereits seit 22 Jahren im Gefängnis. Ein Gutachter, der ihn für nicht mehr gefährlich ansah, bewirkte seine Entlassung. Seit Freitag steht der Kinderschänder wieder vor Gericht.
NÜRNBERG Hinter der Maske des Biedermanns mit gepflegtem Kurzhaarschnitt und Goldrandbrille verbirgt sich ein perverser, durch keine noch so harte Strafe zu bremsender Kinderschänder! Am Freitag stand Werner H., der am kommenden Mittwoch 60 Jahre alt wird, nicht zum ersten Mal wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern vor Gericht. Die einzige Frage, die am Ende entscheidend ist: Wird er dieses Mal für den Rest seines Lebens hinter Gitter gesteckt?
Die Liste seiner Vorstrafen reicht bis ins Jahr 1964 zurück. Damals war Werner H. gerade 15 Jahre alt. Er machte sich an einen Jungen heran. Abgesehen von diversen Diebstählen und Gewaltdelikten schlug sein gestörtes Sexualleben auch in den folgenden Jahren immer wieder durch. Sein Ziel: heranwachsende Buben.
1982 kam der Triebtäter in Sicherheitsverwahrung
Die Orgie seiner Straftaten schlug sich in immer härteren Strafen nieder. Weil sie jedoch nie etwas Positives bewirkten, griff ein Richter im Jahr 1982 hart durch. Er verhängte gegen Werner H. eine Sicherungsverwahrung auf unbestimmte Zeit. 22 Jahre später, im Mai 2004, kam er jedoch wieder frei. Ein Gutachter hatte ihm bescheinigt, dass er seinen unheilvollen Trieb unter Kontrolle habe und keine Gefahr mehr für andere Menschen darstelle. Eine fatale Fehleinschätzung...
Denn in der Vorweihnachtszeit des letzten Jahres flackerte den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge sein perverser Trieb wieder auf. In der Anklageschrift sind die sechs schlimmsten Vorfälle, die ihm zur Last gelegt werden, aufgezählt.
Am 1. Weihnachtsfeiertag hielt sich Sonja* (15) in seiner Wohnung auf und trank große Mengen Alkohol. Als sie nicht mehr ansprechbar und bewusstlos auf einer Matratze lag, zog er sie aus und befummelte sie.
Bei einer anderen Gelegenheit gab er sich als Frauenarzt aus und brachte ein Mädchen (13) dazu, sich von ihm „gynäkologisch“ untersuchen zu lassen. Mehrere Kinder und Jugendliche sahen zu, einige filmten die Missbrauchsszene mit ihrer Handykamera. Die Aufnahmen wurden gestern im Gerichtssaal unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgeführt.
Von diesem Opfer ließ sich Werner H. auch bei einer anderen Gelegenheit mit der Hand befriedigen.
Weil er kein detailliertes Geständnis ablegte, müssen die Kinder aussagen
Das Mädchen, das nackt und mit verbundenen Augen auf seiner Couch lag, tauschte mit zwei gleichaltrigen Buben Zärtlichkeiten aus. Werner H. machte pornografische Aufnahmen, speicherte sie auf seinem Computer und zeigte sie später anderen Kindern.
Einem 13-jährigen Jungen zeigte er in einem anderen Fall einen Hardcore-Porno-streifen.
Mehreren seiner Opfer drohte Werner H., sie umzubringen, falls sie etwas herumerzählen sollten.
Besonders mies: Da Werner H. kein detailliertes Geständnis ablegte, müssen in den kommenden Wochen alle betroffenen Kinder vor Gericht aussagen.
Helmut Reister
(*alle Namen geändert)
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