War dieses Radrennen die Abschieds-Tour?
NÜRNBERG - Der 13 Kilometer lange Kurs war teilweise menschenleer. Nach dem Ausstieg der Nürnberger Versicherung fehlen bisher noch die Sponsoren
Mit „einer Träne im Knopfloch“ fuhr Hans-Peter Schmidt, Aufsichtsratchef der Nürnberger Versicherung gestern eine Abschiedsrunde. Nicht auf dem Fahrrad. Sondern im VIP-Auto ging es auf den 13 Kilometer langen – teils menschenleeren – Kurs. Wie es im nächsten Jahr nach dem Ausstieg des Unternehmens als Hauptsponsor mit dem Radrennen „Rund um die Nürnberger Altstadt“ weitergeht, steht in den Sternen. War dies die Abschieds-Tour? Laut Veranstalter rund 100000 Zuschauer säumten gestern die Strecke. Doch richtiges Gedränge gab es eigentlich nur auf den Aktionsflächen. „Schon um neun Uhr standen die Kinder mit ihren Eltern Schlange vor dem Glücksrad am Färbertor“, erzählt Chef-Organisator Jürgen Thielemann. Trotzdem dürfe man sich die Akzeptanz des Rennens nicht schön reden.
Am Zieleinlauf bangte Alt-Oberbürgermeister Peter Schönlein, der Erfinder des Spektakels, das einst mit Tour-de-France-Stars wie Jan Ullrich oder Bjarne Riis über 150000 Menschen anzog, um „sein“ Rennen. „Ich hoffe, dass es nicht das letzte war.“ Auch Michael Dreyer (53), der auf seinem Liegerad nach erfolgreicher Jedermann-Teilnahme gemütlich am Marientor eine Semmel verputzte, fürchtet, dass die Veranstaltung im nächsten Jahr nicht mehr stattfindet. „Das wäre sehr, schade. Aber es liegt wohl daran, dass es im Sport zu viele Verrückte gibt, die ihn mit Doping kaputtmachen“, glaubt der Ausdauer-Sportler, der schon mal mit seinem Gefährt bis Bordeaux radelt.
Auch Hobby-Radler Horst Adaminski würde das Rennen vermissen: „Das Zischen, wenn die Sportler vorbeiflitzen und die Atmosphäre sind einmalig. Aber es wird einfach immer weniger. Heuer fehlen ja schon zwei Aktionsflächen.“ Dafür war der Ansturm an den verbliebenen bei traumhaftem Herbstwetter umso größer. Die meisten Biertische waren besetzt, an den Attraktionen musste so mancher Schlange stehen. Deshalb glaubt auch Sportbürgermeister Horst Förther, dass das Rennen im nächsten Jahr sein 20-jähriges Jubiläum feiern kann. „In den nächsten Tagen und Wochen werden wir beginnen, Sponsoren zu suchen. Ich bin hier aber sehr optimistisch.“
Sportlich lief alles normal. Nur eine Schrecksekunde gab es für Veranstalter und Zuschauer beim Opernhaus. Im Zielsprint des Jedermann-Rennens geriet ein Teilnehmer zu nah an die Absperrung. Er wurde mitsamt seiner Rennmaschine über das Gitter geschleudert – direkt in die Zuschauer. Wie durch ein Wunder, wurde nur der Radler selbst am Arm verletzt. Er kam ins Krankenhaus. Bis auf drei weitere Gestürzte, die von Sanitätern versorgt werden mussten, kamen alle 1344 Starter unbeschadet ins Ziel.
Die Siegerehrung überließ Hans-Peter Schmidt gestern dem Vorstandsvorsitzenden der Nürnberger, Werner Rupp. „Es ist mit zuviel Wehmut verbunden“, kommentierte Schmidt seinen Ausstieg nach 19 Jahren. Ein weiteres Sponsoring des 400000 Euro teuren Events will er aber nicht ausschließen. „Wir werden in der nächsten Zeit drüber sprechen. Aber ich denke, wir machen wieder was... A. Uhrig
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