Vor dem Bahnjubiläum: Zeitzeugen kämpfen um Entschädigung

„Zug der Erinnerung“ klagt an: Millionen für Festakt mit Kanzlerin Merkel – Almosen für die Deportations-Opfer
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Vereinssprecher Hans-Rüdiger Minow.
bayernpress Vereinssprecher Hans-Rüdiger Minow.

„Zug der Erinnerung“ klagt an: Millionen für Festakt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel – Almosen für die Deportations-Opfer

NÜRNBERG „Im unteren einstelligen Millionenbereich“ liegen die Kosten des Festaktes zu Ehren von „175 Jahre Eisenbahn in Deutschland“, der am Dienstag unter anderem mit Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel in Nürnberg gefeiert wird.

Zum Feiern ist Hans-Rüdiger Minow, Sprecher des Vereins „Zug der Erinnerung“, nicht zumute. Er kämpft für eine gerechte Entschädigung der Reichsbahn-Opfer. Die Reichsbahn transportierte während der Nazizeit Millionen Juden in Konzentrations- und Vernichtungslager. Minow: „Wenn die Bahn Millionen für Lachsschnittchen und Sekt ausgibt und man für die Menschen, die Traumata aus der Zeit der Reichsbahn-Deportationen behalten haben, nur Brotkrumen übrig hat, die vom Tisch dieser Elite-Veranstaltung fallen, dann ist das obszön.“

Viele Zeitzeugen marschierten mit

Mit mehreren hundert Menschen demonstrierte Minow daher am Samstag in Nürnberg. Extra aus Leipzig angereist war Boris S. Krol. Der gebürtige Ukrainer (84) entkam nur mit viel Glück der Deportation durch die Reichsbahn. Eine Bekannte konnte ihn, seine Schwester und Mutter – sie waren schon am Bahnhof der Stadt Priluki zusammengetrieben worden – rausholen. „Wenige Tage später waren meine Großeltern, Cousinen und Cousins tot.“

Auch der 85-jährige Josef Jakubowicz kämpft für sein Recht. Er war als Zwangsarbeiter bei der Reichsbahn eingesetzt. Nun wollte er von der Bahn AG wissen, ob ihm nicht eine Freikarte zustünde – wie jedem pensionierten Bahnarbeiter auch. Die Antwort kam prompt: „Sie können mir das nicht geben. Es sind zu viele Anträge. Sie könnten sich das nicht leisten.“

"Zug der Erinnerung": Nur Almosen für die Opfer

Stattdessen, so der Verein „Zug der Erinnerung“, würden die Opfer mit Almosen abgespeist: einmalig 25 Euro pro Person. Minow: „Die Reichsbahn hat bei diesen Deportationen rund 445 Millionen Euro eingenommen. Die Deportierten mussten ihre Fahrt in den Tod nämlich selbst bezahlen.“

Konzernsprecher Achim Strauß in der ARD-Tagesschau: „Die Bahn weiß sehr wohl, welches Leid den Menschen angetan wurde. Deswegen übernehmen wir auch Verantwortung und helfen konkret durch die Unterstützung der Stiftung ,Erinnerung, Verantwortung und Zukunft’, die wir mit einem hohen Millionenbetrag fördern.“

kes

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