Vor 180 Jahren: Hier wurde der Märchenkönig Ludwig II. geboren

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Eine Portion Nostalgie schwingt in diesem Zimmer mit. Bedächtig schreitet man als Besucher übers Parkett, langsam schweift der Blick durch den royalen Raum.
Über das grüne Kanapee, die grünen Stühle, den grünen Baldachin, der Stoff über dem Bett in der Farbe ... – nun ja, Sie ahnen es.
Hier wird 1845 bayerische Geschichte geschrieben
Genau an diesem Ort in Schloss Nymphenburg wird vor 180 Jahren bayerische Geschichte geschrieben: Im früheren Schlafgemach der ersten bayerischen Königin Caroline (historisch mit C geschrieben, modern auch mit K) erblickt der wohl berühmteste Wittelsbacher am 25. August 1845 das Licht der Welt: Ludwig II., der Märchenkönig, Bayerns Kini. Voller Visionen, voller Ideen, voller Rätsel.
Es ist ein Montag. Kurz nach Mitternacht. Glück gehabt: „Sein Großvater, König Ludwig I., hatte die Hoffnung, dass er wirklich am 25. August geboren wird: der Tag des Heiligen Ludwigs“, sagt die Leiterin der Museumsabteilung bei der Bayerischen Schlösserverwaltung und langjährige Kuratorin von Schloss Nymphenburg, Brigitte Langer.

Sie führt die AZ anlässlich des 180. Geburtstags des Kini durch das authentisch erhaltene Geburtszimmer. Es ist wie eine kleine Zeitreise zum Beginn eines Lebens, das Bayern nachhaltig beeinflussen wird.
1815 wird das Zimmer eingerichtet
Eingerichtet wird das Schlafgemach bereits 30 Jahre zuvor, im Jahr 1815. Für Königin Caroline. Später bezieht es Marie von Preußen, Ludwigs Mutter. Sie heiratet 1842 den bayerischen Kronprinzen Maximilian. Und schenkt diesem drei Jahre später Sohn Ludwig.

Langer deutet auf ein historisches Aquarell am Eingang, das den Raum im Jahr 1820 zeigt. Der Beweis. „Es ist bis heute so geblieben. Die Möblierung ist Original. Die Textilien sind erneuert worden, aber nach alten Mustern. Es gab immer die grüne Seidenbespannung“, sagt Langer.
"Die Stoffe hat man in Lyon bestellt"
Über deren Herkunft kann sie berichten: „Die Stoffe hat man in Lyon bestellt. Sie wurden extra nach den speziellen Wünschen des bayerischen Hofes gewebt.“

Warum ist die Farbe Grün so allgegenwärtig? „Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Zeit des Empire-Stils, damals mochte man starke Farben. Im Appartement der Königin hat jeder Raum eine andere Farbe.“
Das Doppelbett: "Hier ist Ludwig zur Welt gekommen"
Der eindeutige Mittelpunkt dieses Schlosszimmers: das Mahagoni-Doppelbett. „Es sind die authentischen Betten, die zur Zeit der Marie hier standen. Das heißt: Hier ist Ludwig zur Welt gekommen.“ Als Besucher steht man nur wenige Meter davon entfernt, allerdings hinter einer Absperrung.

Die Museumsleiterin erklärt zu dem Möbelstück, das von der Münchner Hofschreinerei gefertigt wurde: „Das Doppelbett steht quer zur Wand, es sind zwei Betten hintereinander.“ Sie haben Rollen, man konnte sie also auseinanderschieben. Aber: Die goldenen Bronzebeschläge auf den Seiten seien nur an den nun sichtbaren Stellen angebracht, damit war also vorbestimmt, wie sie zu stehen hatten. „Ökonomisch dekoriert“, nennt Langer das.
Im Bett waren drei Matratzen gestapelt
Das Bett wirkt hoch. Wie kamen die Wittelsbacher hinein? Diese Frage stellten auch Besucher immer wieder, sagt Langer. Erstens: Es gab einen Schemel (Überraschung: in Grün), dieser steht immer noch neben dem Bett. Als würde Kronprinzessin Marie abends wieder hineinsteigen.

Zweitens: Im Bett befand sich nicht nur eine Matratze, sondern es seien gleich drei übereinander gewesen. Und drittens heißt es seitens Schloss Nymphenburg: „Tagsüber kaschierte es eine Decke über hohem Gestell.“ Eben jene sieht man auch jetzt, was das Bett höher wirken lässt.
Zwei Büsten zeigen Ludwig und seinen Bruder Otto
Links davon steht ein großes Kanapee, in Grün. Natürlich. Zwei Sessel, dazu ein Rundtisch. Langer hebt den Schreibschrank dahinter hervor, darauf stehen zwei Kinderbüsten: links der kleine Ludwig, rechts sein drei Jahre jüngerer Bruder Otto.

Der große Standspiegel, der sich rechts neben der Schlafstätte befindet, sei nicht aus der Zeit von Ludwigs Geburt, aber es sei „ein vergleichbarer“.
Weiter zu den Details rund um den Kamin: Zum Beispiel steht dort ein Kaminschirm, darauf ist ein Papagei mit einer Kirsche dargestellt. Auf der Rückseite sei ein „C“ eingestickt. Für Königin Caroline. „Ein ganz originales Stück.“
Ein Kaminbock mit schwarzer Katze
Der Blick schweift weiter nach unten. „Sehr hübsch ist auch der Kaminbock mit einer Katze. Kaminböcke waren zur Zierde des Kamins gedacht.“ Einen davon kann man noch bewundern.
Und dann wären da noch die Mini-Möbel. Ein kleiner Tisch und ein Sesselchen für Kinder. „Das sind auch authentische Stücke aus der Zeit der ersten bayerischen Königin. Sie wollte ihre Kinder immer ganz nah bei sich haben.“

Porzellanvasen und einen Kandelaber gibt es ebenfalls zu entdecken. Über den mehrarmigen Leuchter sagt sie: „Diese standen immer vor Spiegeln, weil sich dann das Licht reflektiert und verdoppelt hat.“

Leuchteten diese auch schon bei Ludwigs Geburt? „Das mag sein. Strom gab es noch nicht, insofern ist es denkbar.“
Das Zimmer soll in naher Zukunft restauriert werden
Dieses Zimmer weiterhin zu erhalten, wird die Museumsleiterin auch künftig beschäftigen. Es ist eines von zwei Zimmern in Nymphenburg, die noch restauriert werden sollen. „Ich hoffe, dass wir nächstes oder übernächstes Jahr anfangen können.“ Was ist unter anderem zu machen? Sie zeigt nach oben. Kleine Risse an der Decke zum Beispiel.

Bei genauerem Hinsehen fallen der AZ auch leichte Abnutzungsspuren an einer Seite des Kanapees auf. Das seien „Lichtschäden“, sagt Langer. Aus früheren Zeiten. Heute achtet man sehr darauf, dass das nicht mehr passiert. Und die Geburtsstunde bayerischer Märchen-Geschichte bewahrt bleibt.
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