Villen im Tiroler Nobel-Ort Kitzbühel: Millionen-Schlupfloch für Russlands Oligarchen

Mitten in den Alpen und unweit von Bayern: Wie es reiche Russen und Putin-Freunde schaffen, trotz der EU-Sanktionen ihre prächtigen Villen im Tiroler Nobel-Ort Kitzbühel zu behalten.
Patrick Guyton |
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Die Innenstadt von Kitzbühel. Die Gemeinde ist bei den Schönen und Reichen beliebt – auch bei Oligarchen.
Die Innenstadt von Kitzbühel. Die Gemeinde ist bei den Schönen und Reichen beliebt – auch bei Oligarchen. © Bildagentur Muehlanger/imago

München/Kitzbühel - Wer seine Millionen zeigen und ausgeben möchte, der ist in Kitzbühel am richtigen Ort. Das Tiroler Städtchen ist das Mekka der Schönen und Reichen der Welt, die dort gern edlen Winterurlaub machen oder sich in einem Chalet niederlassen.

So auch zahlreiche russische Oligarchen. Als Unterstützer von Präsident Wladimir Putin und dessen Krieg gegen die Ukraine stehen viele von ihnen auf der Sanktionslisten der Europäischen Union. Ihr Besitz in der EU wird eingefroren, sie kommen nicht mehr ran. Das müsste auch bei Eduard Chudainatow so sein, einem schwerreichen Öl-Manager und Putin-Vertrauten.

Über Zypern: So entgehen russische Millionäre im Alpenraum Sanktionen

Mit einiger Finesse, wie es scheint, haben sich Chudainatow mit seinem privaten Umfeld aber aus den Sanktionen herausgemogelt. Auf drei Grundstücke mit vier Luxusvillen, die zum stolzen Preis von insgesamt 26 Millionen Euro gekauft worden waren, haben sie weiterhin unbehelligt Zugriff. Man braucht dafür: eine Lebensgefährtin mit einem zypriotischen Pass.

Der Tiroler Landtagsabgeordnete Markus Sint von der unabhängigen "Liste Fritz" sowie das internationale Recherchenetzwerk OCCRP haben ziemlich akkurat über die Immobiliengeschäfte von Svetlana E. recherchiert. Sie gilt, auch wenn ihr Anwalt das bestreitet, als langjährige Lebensgefährtin von Chudainatow. Immerhin hat sie laut OCCRP zwei Kinder von ihm.

Woher kommen die 26 Millionen Euro?

E. ist Russin, hat aber einen Pass der Republik Zypern erlangt und ist somit EU-Bürgerin. Das geschieht haufenweise auf der Mittelmeerinsel, Zypern gilt als Einfallstor für Russen in die Europäische Union. Als Zypriotin kaufte sie, das hat der Abgeordnete Sint feinsäuberlich dokumentiert, in den Jahren 2017, 2018 und 2021 die Kitzbühler Anwesen.

Woher hatte Swetlana E. die 26 Millionen, und was macht eine Frau mit vier Villen? Sint war empört. "Behörden und Politik wissen um dieses Zypern-Schlupfloch", kritisiert er. Als Russin hätte E. ein öffentliches Interesse an den Villen nachweisen müssen, als EU-Bürgerin stehen ihr die Pforten offen. Sie fungiere "nur als Strohfrau für einen sanktionierten Oligarchen".

Das OCCRP berichtet, dass E. bislang meist nicht gearbeitet hat und wenn, dann bei staatlichen russischen Stellen mit einem Jahresgehalt von unter umgerechnet 20.000 US-Dollar.

Fall landet vor dem Landesgericht in Innsbruck

Da sich die Gemeinde, das Land Tirol und Österreich nach Ansicht von Sint taub stellten, meldete er selbst Mitte 2024 die Immobiliendeals an die zuständige Direktion Staatsschutz und Nachrichten (DNS) im Innenministerium.

Bald darauf konnte der Abgeordnete im Grundbuch nachschauen, dass die Villen eingefroren und damit sanktioniert worden waren, wie es die EU vorsieht.

Dagegen klagte Swetlana E. allerdings vor dem Innsbrucker Landesgericht – und bekam am 30. Januar dieses Jahres Recht, wie das österreichische Innenministerium auf Anfrage der AZ bestätigt. Die Richter wiesen auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes hin, dass "die bloße Darlegung einer beispielsweise familiären Verbindung" zwischen einem Oligarchen und etwa seiner Partnerin nicht für eine Sanktionierung ausreiche.

Einheimische sprechen von "Putin-Villa"

Ähnlich gelagert ist der Fall eines weiteren Anwesens in Kitzbühel, von den Einheimischen als "Putin-Villa" bezeichnet. Diese gehört offiziell einer zypriotischen Briefkastenfirma, tatsächlich aber laut OCCRP dem Oligarchen und Putin-Freund Arkadi Rotenberg.

Auch dieses Haus ist nicht sanktioniert. Nicht bestätigt sind Beobachtungen von Kitzbühelern, die dort schon die beiden Töchter von Wladimir Putin im Urlaub gesehen haben wollen.

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Und nun? Das Innenministerium schreibt, die "Herausforderung" seiner Staatsschützer bestehe darin nachzuweisen, Vermögen einer sanktionierten Person zuzuordnen, auch wenn das durch "Verschleierungsmethoden" verborgen wird.

Der Abgeordnete Sint verlangt, dass auf allen Ebenen viel hartnäckiger recherchiert und ermittelt wird. "Wenn so etwas wie mit den Villen durchgeht", meint er, "dann gute Nacht Österreich, gute Nacht Europa."

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3 Kommentare
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  • AufmerksamerLeser am 02.04.2025 22:34 Uhr / Bewertung:

    Sind keine Neuigkeiten unweit von Bayern.
    In Bayern: subventioniert der Freistaat den Immobilienkauf von ukrainischen Oligarchen, die hier reihenweise Luxus-Immobilien vereinnahmen. Das sollte man mal recherchieren und publizieren. Es gibt ja keinen Hinderungsgrund: beider sogenannte Länder die sich im Krieg befinden.

  • Der wahre tscharlie am 31.03.2025 18:09 Uhr / Bewertung:

    Dass die russischen Oligarchen die EU-Sanktionen umgehen, ist eigentlich seit Jahren bekannt.
    Dass Kitzbühel in Tirol da mitmischt, ist eigentlich neu, obwohl der ort sowieso ein Reichen-Hotspot ist.
    Was diese "goldenen EU-Pässe" betrifft werden die doch meines Wissens nicht mehr ausgestellt, weil es soviel Protest gab.
    Aber diese Sanktionen sind eh für die Katz. Ich möchte nicht wissen, wieviel Immobilien EU-weit über drei Ecken in Wirklichkeit russischen Oligarchen gehören.

  • 1Muenchner am 31.03.2025 06:32 Uhr / Bewertung:

    Bei deutschen Staatsbürgern haben die Tiroler aber kein Problem damit ihr Tiroler Raumordnungsgesetz anzuwenden, das Freizeitwohnsitze streng reguliert (z.B. Lutz Meschke)....

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