Vier Hammer-Arien trotz Gifttrunk
NÜRNBERG - Stimmgewaltig im Gostner Hoftheater: Opern-Kabarettistin Katharina Herb mit „400 Jahre Sex in der Oper“.
Das ist die echte Alternative zu den preistreiberischen Androhungen der Wagnerschwestern aus Bayreuth: der ganze „Ring“ für 15 Euro samt dem Besten aus dem restlichen Opern-Repertoire. Live! Katharina Herb, in High-Heels und lila Glitzerrobe, macht's möglich: Nix wie hin zum zweieinhalbstündigen Bühnenspaß im Gostner Hoftheater! Endlich versteht der Arienfreund, worum es wirklich geht in irrsinnigen Libretti und Regieeinfällen: um „400 Jahre Sex in der Oper“.
Wer sich nun reizvolle Erotik, frivole Anzüglichkeiten oder schlüpfrige Schenkelklopfer erhofft, wird enttäuscht. Denn Herb, professionell und profunde gebildete Mezzosopranistin mit erstaunlichen Dimensionen in allen Lagen, präsentiert sich in ihrem vierten Solo stimmvirtuos und gaumenakrobatisch mit den anspruchsvollsten Partien der großen Opernliteratur. Blitzsauber ihre Königin der Nacht, eindrucksvoll ihre „Carmen“-Version, imponierend ihre blutrote Lagerfeuer-Azucena aus dem „Troubadour“ und schlicht grandios ihr „Ring“. Endlich verstehen wir, dass sich das Wagnersche Vier-Tage-Rennen in 30 Minuten zusammenfassen lässt, ohne dass wir Wesentliches verpassen. Herb macht das gesamte Personal binnen Sekunden bühnentauglich. Wagalaweija, Hojotoho!
Dass die quirlige Satirikerin in neckischer Hilflosigkeit sich immer wieder an ihren Miederschnürer Marc Leopold wendet – „Hab ich was vergessen, muss ich den roten Knopf drücken?" – nehmen wir mit liebevoller Nachsicht. Schließlich lernen wir, dass Leonora vier Hammer-Arien trotz Gifttrunk mit Sofortwirkung singen kann, auch wenn es für den herbeigesehnten Sex doch nicht mehr reicht. So ist das Opernleben.Ute Missel
Noch am 18. und 19. Dezember (20 Uhr). Karten: Tel. 0911/261510
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