Vergiftet die Chemie unsere Spielplätze?
NÜRNBERG Das ist eine Folge des Klimawandels: Weil es immer wärmer wird, verbreitet sich der Eichenprozessionsspinner in unserer Region. Der Falter an sich ist für den Menschen nicht gefährlich. Aber die winzigen Haare der Raupen können Juckreiz und starke Allergien auslösen. Sie brechen ab und werden durch den Wind weiträumig verteilt. Die Insekten werden zur Plage in Parks und Grünanlagen. Deshalb packen viele Städte die Chemie-Keule aus. Mit der Folge, dass Spielplätze vergiftet werden. Denn das Spritzmittel steht im Verdacht, Krebs auszulösen.
„Hier finden gewaltige Eingriffe in die Natur statt, mit nicht absehbaren Folgen“, sagt Ralf Straußberger, Waldschutzreferent des Bund Naturschutz (BN). Er warnt vor einem großflächigen und wahllosen Chemieeinsatz. „Die Gefahren für den Menschen sind noch nicht ausreichend erforscht. Ein Abbauprodukt des versprühten Mittels steht im Verdacht, krebserregend zu sein“, so Straußberger. Besonders an Spielplätzen, Wanderwegen und in Freibädern müsse daher auf den Einsatz verzichtet werden. Zudem werden viele anderen Insektenarten durch das Gift geschädigt. In den vergangenen Jahren haben 26 Kommunen in Franken versucht, den Falter mit Chemikalien zu bekämpfen. Zusätzlich besprühte die Autobahndirektion Nordbayern zahlreiche Kilometer, um die Rastenden auf den Parkplätzen zu schützen.
Bacillus thuringiensis als Verbündeter
Auch in Nürnberg wurden immer wieder Nester von Eichenprozessionsspinnern gefunden. Besonders betroffen war der Volkspark Dutzendteich, wo gleichzeitig mit den Falter-Raupen meist auch Camper von „Rock im Park“ auftauchen – was die Bekämpfung besonders dringlich macht. Der Einsatz der Chemie-Keule ist in städtischen Parks aber verpönt. „Wir haben es mit Sex-Fallen probiert, mit denen die männlichen Falter angelockt werden sollten“, so Ulrike Goeken-Haidl von SÖR. Das hat nicht funktioniert. Deshalb setzt der Servicebetrieb Öffentlicher Raum auf Mittel aus dem ökologischen Landbau. „Wir verwenden das Bacillus thuringiensis. Dieses Bakterium produziert ein Gift, das tödlich für die Eichenprozessionsspinner ist. Aber es ist harmlos für andere Lebewesen", erläutert Goeken-Haidl.
Für den Bund Naturschutz eine angemessene Reaktion. Auch das Absammeln der Nester oder das Abflämmen seien Alternativen. „Wir halten es nach den bisher vorliegenden Informationen für angebracht, ein Spritzmoratorium in diesem Frühjahr zu verkünden“, sagt BN-Landesbeauftragte Richard Mergner. Die Landesregierung müsse den betroffenen Kommunen Hilfestellung geben und unbedingt weitere Studien anstellen. Noch seien viele Fragen offen, sagte Mergner.
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