Neustart bei der Gastro auf der Zugspitze: Veggie-Pionier geht – das ist sein Nachfolger

Noch im vergangenen Winter hat Gastro-Chef Johannes Tiebel für großes Aufsehen in Bayern und darüber hinaus gesorgt – mit einem rein vegetarischen Restaurant auf Deutschlands höchstem Berg. Nun hat er aufgehört. Die AZ kennt den Grund – und den Nachfolger. Hält er am Veggie-Lokal fest?
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Beim offiziellen Saisonstart 2024 hat man ganz deutlich gesehen: Die Speisen im Gletscher 2600 sind jetzt veggie.
Rosemarie Vielreicher 7 Beim offiziellen Saisonstart 2024 hat man ganz deutlich gesehen: Die Speisen im Gletscher 2600 sind jetzt veggie.
Sein Vorgänger und Veggie-Vorreiter Johannes Tiebel.
Rosemarie Vielreicher 7 Sein Vorgänger und Veggie-Vorreiter Johannes Tiebel.
Der neue Gastro-Chef der Zugspitze: Hannes Berkmann.
privat 7 Der neue Gastro-Chef der Zugspitze: Hannes Berkmann.
Das Gletscher 2600 ist eines von drei Restuarants auf der Zugspitze.
Rosemarie Vielreicher 7 Das Gletscher 2600 ist eines von drei Restuarants auf der Zugspitze.
Die AZ ist beim Saisonstart 2024 auf der Zugspitze dabei gewesen und hat die vegetarischen Gerichte getestet.
Rosemarie Vielreicher 7 Die AZ ist beim Saisonstart 2024 auf der Zugspitze dabei gewesen und hat die vegetarischen Gerichte getestet.
Das Gipfelkreuz auf der Zugspitze.
Angelika Warmuth/dpa 7 Das Gipfelkreuz auf der Zugspitze.
So schaut die fleischfreie Currywurst im Gletscher 2600 aus.
Rosemarie Vielreicher 7 So schaut die fleischfreie Currywurst im Gletscher 2600 aus.

Bei so manchem Fleisch-Liebhaber sorgte sein Veggie-Vorstoß im Winter für mächtig (Online-)Grant: Johannes Tiebel (43) stellte im Zugspitz-Lokal Gletscher 2600 auf vegetarisch um. Fleischfreie Currywurst stand etwa auf der Karte oder Ofenkäse mit Thymian, Walnuss und Steinofenbaguette.

Der gastronomische Leiter der Bayerischen Zugspitzbahn (BZB) wurde damit als Veggie-Vorreiter deutschlandweit berühmt – und auch zur Zielscheibe von Angriffen im Internet. Obwohl er keineswegs Fleisch komplett von Deutschlands höchstem Berg verbannte, sondern lediglich eines der drei Zugspitz-Lokale vegetarisch gestaltete (es gibt noch das Sonnalpin und das Panorama 2962). Insgesamt betreibt die Bayerische Zugspitzbahn neun gastronomische Betriebe.

Sein Abschied hat nichts mit dem Shitstorm zu tun

Nun hat Tiebel die Zugspitze verlassen. Aber nicht wegen der Veggie-Offensive oder etwaiger Hassnachrichten, wie er im Gespräch mit der AZ versichert. „Ich habe ein Angebot bekommen, das man nicht abschlagen kann“, sagt der zweifache Familienvater.

Sein Vorgänger und Veggie-Vorreiter Johannes Tiebel.
Sein Vorgänger und Veggie-Vorreiter Johannes Tiebel. © Rosemarie Vielreicher

Und zwar von den Aletsch-Bahnen im Schweizer Kanton Wallis. Sie gehören zu den größten Bergbahnunternehmen in der Schweiz.

Er sei angefragt worden, in die Geschäftsführung zu kommen und sich um die Gastronomie der Zukunft zu kümmern. So ein Angebot bekomme man nur ein Mal, ist sich Tiebel sicher. Trotzdem sei ihm der Abschied nicht leicht gefallen: „Mein Herz hängt an Garmisch und der Zugspitze, weil wir dort wahnsinnig viel erreicht haben.“

Gerade weil er ein sehr enges Verhältnis mit dem Team hatte, sagt er: „Es war schon ein sehr weinendes Auge, wegzugehen. Aber natürlich freut man sich auch auf das Neue.“ Am 2. Juni hat er den neuen Posten offiziell angetreten.

Er wollte schon immer Koch werden: Das ist der Nachfolger

Seine Stelle auf Deutschlands höchstem Berg hat sein bisheriger Vize Hannes Berkmann (36) aus Garmisch-Partenkirchen übernommen. Er wusste schon als „kleiner Bua“, dass er mal Koch werden will. Diesen Kurs hat er nach dem Abitur auch eingeschlagen, die Kochlehre habe er mit „Herzblut“ gemacht.

Der neue Gastro-Chef der Zugspitze: Hannes Berkmann.
Der neue Gastro-Chef der Zugspitze: Hannes Berkmann. © privat

Er sattelte in Kärnten noch ein Studium für Wirtschafts- und Hotelmanagement oben drauf. Nach einigen Auslandsaufenthalten zog es ihn zurück in die Heimat. Seit 2018 gehört er zum Team der Bayerischen Zugspitzbahn.

Erfahrung in alpiner Gastro bringt der Neue also mit. Begeisterung und Motivation auch, das spürt man im Gespräch. Er hat nur lobende Worte für seinen Vorgänger, für den Arbeitgeber und das Team.

"Auch Hardcore-Fleischesser sind hochgekommen"

Vor allem mit der Umstellung auf die vegetarische Karte lag im Winter plötzlich der Fokus der Öffentlichkeit auf dem Restaurant Gletscher 2600. Der damalige Gastro-Leiter Tiebel schaut darauf zurück: „Ich habe Shitstorms bekommen, die mich persönlich und uns als Unternehmen angegriffen haben. Aber wir haben auch wahnsinnigen Zuspruch bekommen.“

So schaut die fleischfreie Currywurst im Gletscher 2600 aus.
So schaut die fleischfreie Currywurst im Gletscher 2600 aus. © Rosemarie Vielreicher

Er hebt hervor, dass sie deutlich mehr Umsatz gemacht hätten, teils standen Menschen Schlange vor dem Lokal. „Die Gäste haben es unglaublich gut angenommen. Auch Hardcore-Fleischesser sind hochgekommen und haben nach dem Essen gesagt: Es tut ihnen leid, dass sie vorher so schlecht geredet haben.“

"Niemand hat es mir ins Gesicht gesagt"

Online hätten sich Leute dagegen negativ ausgelassen. „Es ist niemand direkt auf mich zugekommen und hat es mir ins Gesicht gesagt. Das trauen sich die Menschen meist nicht“, sagt Tiebel.

Die ganze Aufregung ums Gletscher 2600 kann er ohnehin nicht wirklich nachvollziehen: „Keine 20 Meter weiter ist das Sonnalpin, wo es Schweinebraten, Currywurst, Schnitzel und halbe Hähnchen gibt.“

Sein Fazit: „Unterm Strich bereue ich es nicht. Das Verletzende finde ich halt unsagbar unnötig.“ Aber nach über 20 Jahren in der Gastrobranche habe er ein „dickes Fell“.

So steht Hannes Berkmann zum Veggie-Lokal

Sein Nachfolger steht hinter dem Veggie-Konzept, wie er der AZ sagt. Er will es definitiv weiterführen. „Selbstverständlich, ich werde auf jeden Fall den Kurs halten“, sagt Berkmann. Die negativen Kommentare seien mittlerweile abgeflaut. Schaut man sich die Google-Rezensionen der letzten Wochen und Monate an, überwiegen die positiven. Auch Berkmann hat den Eindruck: „Es wird ganz toll angenommen.“

Seine bisherige Gastro-Bilanz dazu: Die Leute blieben länger, die Kunden seien zufriedener und der Pro-Kopf-Umsatz sei gestiegen.

Beim offiziellen Saisonstart 2024 hat man ganz deutlich gesehen: Die Speisen im Gletscher 2600 sind jetzt veggie.
Beim offiziellen Saisonstart 2024 hat man ganz deutlich gesehen: Die Speisen im Gletscher 2600 sind jetzt veggie. © Rosemarie Vielreicher

Wie geht es unter ihm weiter? Sie werden sich künftig das Thema Fleischersatz-Produkte genauer anschauen. „Braucht man wirklich so eine große Palette oder macht man eine vereinfachte Karte mit viel Vegetarischem ohne Fleischersatz?“ Das wird die Zukunft zeigen. Aktuell gibt es zum Beispiel vegane Currywurst sowie Leberkäse oder einen Planted-Burger.

Am besten komme die vegane Currywurst an, sagt Berkmann. Und: „Was ganz krass ist: Wir haben in allen neun Restaurants unsere Fleisch-Bolognese komplett auf eine vegane aus Sonnenblumenkernen umgestellt.“

Von dieser Soße bekommen die Gäste nicht genug

Mit unglaublichem Effekt: „Wir brauchen zwei bis drei Mal mehr an Menge, so gut wird sie angenommen.“ Einen neuerlichen Shitstorm befürchtet er daher nicht: „Einen erneuten Aufschrei kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.“

Mit gesundem Respekt will er sich jetzt in die neue Aufgabe reinfuchsen. Neueröffnungen oder Übernahmen stehen erstmal nicht an. Er wolle nun an der Basis arbeiten. Soll heißen: Sicherheitsschulungen, Qualitätsmanagement, Standardisierungen, Rezepturen, Lagerbestand und so weiter.

Was sein Gastro-Herz höher schlagen lässt

Wenn Berkmann an die Zukunft denkt, denkt er an die Zugspitze - er möchte langfristig dort arbeiten. Am besten gefällt ihm an der Gastro in den Bergen: „Wenn ich an der Sonnenalm vor der Terrasse stehe und sehe das hervorragende Essen auf dem Weg zu den Gästen, wie die Leute in der Sonne verweilen und die Atmosphäre, den traumhaften Biergarten und gute Gespräche genießen - da geht mir als Gastronom das Herz auf.“

Gibt es bald auch ein Veggie-Pendant in der Schweiz?

Und Tiebel, wie geht es bei ihm weiter? Folgt vielleicht das nächste alpine Veggie-Restaurant in der Schweiz? „Das Vegetarische und Vegane wird sicherlich auch hier eine Rolle spielen. Es wäre gelogen zu sagen, das war ein One-Hit-Wonder. Ob ich es so umsetze wie in Deutschland, also mit einem ganzen Restaurant, das weiß ich noch nicht“, sagt er. Für ihn ist grundsätzlich Nachhaltigkeit wichtig. „Hier werden wir noch weitere Schritte gehen.“

Das Gipfelkreuz auf der Zugspitze.
Das Gipfelkreuz auf der Zugspitze. © Angelika Warmuth/dpa

Für seinen Nachfolger Berkmann hat er nur Lob übrig: „Ich weiß, dass die BZB-Gastronomie in unglaublich gute Hände kommt. Er hat die Weitsicht.“ Generell sagt er über die Gastro auf der Zugspitze: „Es ist ein absoluter Mannschaftssport, ohne das Team hätte ich es nicht geschafft.“

Von einem Berg zum nächsten gibt es nur die besten Wünsche für die Zukunft.

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