VdK fordert "Rente für alle"
München - "Bayern ist Familienland", hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vor etwa einem Monat auf seinen Social-Media-Kanälen geschrieben.
"Da möchte ich meine Zweifel anmelden", sagt dazu Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK und Landesvorsitzende des bayerischen Verbands, auf der Jahrespressekonferenz am Donnerstag. Die tatsächliche Sozialpolitik der CSU beiße sich mit der Idee eines "Familienlandes".
München: VdK sieht sich als "riesigen Fanclub des Sozialstaats":
Und auch die Ampel hat aus Sicht des VdK durch ihren vorzeitigen Bruch die Chance verpasst, wichtige Projekte wie das Rentenpaket II auf den Weg zu bringen. Der Verband, den Bentele als "riesigen Fanclub des Sozialstaats" bezeichnet, stellt daher vier Kernforderungen an die künftige Bundesregierung:
1. Eine stabile staatliche Alterssicherung: Im geplanten Rentenpaket II sollte das Rentenniveau auf 48 Prozent bis 2040 gesichert werden ‒ das heißt, eine Standardrente (45 Beitragsjahre eines Durchschnittsverdieners) entspricht 48 Prozent des Durchschnittsgehalts. Bentele ist das zu niedrig: "Wir fordern 53 Prozent, um armutsfeste Renten zu garantieren."

In Bayern liegen die Durchschnittsaltersrenten für Männer bei 1400 Euro ‒ 27 Euro weniger als im Bundesdurchschnitt. Bei Frauen ist der Unterschied noch gravierender: In Bayern erhalten diese im Schnitt 869 statt 936 Euro.
Bentele: "In ärmeren Rentnerhaushalten ist die gesetzliche Rente oft das einzige eigene Einkommen"
Doch jetzt, da nicht einmal die Haltelinie von 48 Prozent beim Rentenniveau garantiert ist, könnte dieses sogar auf 45 Prozent fallen, fürchtet Bentele. "In armen Rentnerhaushalten ist die gesetzliche Rente oft das einzige eigene Einkommen."
Der VdK will daher eine "Rente für alle": Alle Menschen sollen in ein und dasselbe Rentensystem einzahlen, auch Beamte. "Das würde die gesetzliche Rentenversicherung auf eine breitere Basis stellen", sagt Bentele.
Das "Lieblingsrentenprojekt der Liberalen", das Generationenkapital, soll, wenn es nach dem VdK geht, künftig kein Thema mehr sein. Der Verband kritisierte bereits in der Vergangenheit, dass der geplante Kapitalstock zu niedrig sei und nicht klar definiert sei, in was investiert werde.
VdK-Präsidentin: "Es ist eine Schande, dass so viele Kinder in Armut aufwachsen"
2. Armut in allen Generationen bekämpfen: Neben einer besseren Rente fordert die VdK-Präsidentin ein "deutliches Bekenntnis zu Tariflöhnen" als Prävention gegen Altersarmut. Für sie sei unverständlich, dass sich die bayerische Staatsregierung gegen ein Tariftreuegesetz wehre.
Auch gegen Kinderarmut müsse der Staat mit einer Kindergrundsicherung stärker vorgehen. "Es ist eine Schande, dass wir es zulassen, dass so viele Kinder in Armut aufwachsen", sagt Bentele. In Bayern sind 16,2 Prozent aller Kinder und Jugendlichen von Armut bedroht oder betroffen.
Bentele prangert die "absolut feindselige Haltung" der CSU gegen die Kindergrundsicherung an. Statt sich dafür einzusetzen, kürze das "Familienland Bayern" das einkommensabhängige Krippengeld, indem es mit dem Familiengeld ab 2026 zu einer Leistung zusammengefasst wird. Folglich gibt es nur noch 3000 Euro als Einmalzahlung anstatt bis zu 8400 Euro.
VdK fordert Erbschaftssteuer
3. Mehr Barrierefreiheit: Der VdK dringt auf eine Verpflichtung privater Anbieter von Dienstleistungen und Produkten zur Barrierefreiheit. Bentele sagt: "Sollte diese nicht vorhanden sein, so bräuchte es dringend Klagemöglichkeiten."
4. Eine neue Steuerpolitik: Statt Sozialkürzungen will der VdK Reiche zur Kasse bitten, um die Haushaltslöcher zu stopfen: "Konkret fordern wir die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, eine Reichensteuer und eine Reform der Erbschaftssteuer." Letztere solle große Erbschaften und nicht "Omas Häuschen" in den Blick nehmen. "Dafür möchten wir mit einem hohen Freibetrag sorgen", sagt die VdK-Präsidentin.
Eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, die laut Studien vor allem niedrige und mittlere Einkommen entlastet, sieht Bentele auf Nachfrage der AZ angesichts der Haushaltslage kritisch.
Der VdK setzt stattdessen auf zielgerichtete Förderungen wie das einkommensabhängige Klimageld. Bentele sagt: "Eine gute Sozialpolitik nimmt jeden mit, trägt manche eine Strecke und je mehr das tun, umso leichter ist es."
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