Untreue! Prozess gegen diesen CSU-Politiker

Staatsanwalt sicher: Gredinger plünderte die Gemeindekasse für private Anschaffungen
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Steht vor dem Amtsgericht: Franz Josef Lerzer.
Privat 2 Steht vor dem Amtsgericht: Franz Josef Lerzer.
Gredinger Bürger ziehen nach dem Bekanntwerden der Affäre vor das Rathaus.
Privat 2 Gredinger Bürger ziehen nach dem Bekanntwerden der Affäre vor das Rathaus.

Staatsanwalt sicher: Gredinger plünderte die Gemeindekasse für private Anschaffungen

GREDING Franz Josef Lerzer (54), langjähriger Ex-Bürgermeister der Marktgemeinde Greding, ist ziemlich dünnhäutig geworden. Anrufer, die sich für die Affäre interessieren, in der er die maßgebliche Hauptrolle spielt, fertigt er durch Auflegen des Telefonhörers kurz und schmerzlos ab. So einfach wird er das Problem heute vor dem Schwabacher Amtsgericht nicht lösen können. Die Staatsanwaltschaft hat ihn wegen Untreue in 30 Fällen angeklagt.

Ein Blick in die Anklageschrift (204 Js 25416/07) macht, sofern die Vorwürfe stimmen, eines erschreckend deutlich: Franz Josef Lerzer hat seine Amtsbefugnisse mit einer erstaunlichen Dreistigkeit für private Interessen missbraucht. Auf Kosten der Gemeinde stattete er seinen Privathaushalt großzügig aus. Die Palette der Bereicherungen, die ihm bei den Kommunalwahlen im Frühjahr den Hals brachen, reicht von üppig aufgemotzten Notebooks über Handys bis hin zu teueren Kaffeeautomaten.

Ein Skelett für seinen Sohn

Was der anrüchigen Angelegenheit noch eine besondere Pikanterie verleiht, ist der Umstand, dass an der großzügigen Selbstaustattung auf Kosten des Steuerzahlers den Ermittlungen zufolge auch die Familie des entthronten Gemeindeoberhauptes partizipierte. So soll die Ehefrau diverse Musikinstrumente, zum Beispiel eine Klarinette, für ihre Auftritte im eigenen Wohnzimmer erhalten haben. Der Sohnemann dagegen wurde laut Anklageschrift mit einem Skelett ausstaffiert. Er ist Medizinstudent und kann so einen Knochen-Menschen für Studienzwecke gut gebrauchen.

Als die gewagten Finanztransfers des Gemeindeoberhauptes publik wurden, blies in der Bevölkerung ein mächtiger Gegenwind. Spürbar wurde er bei einer Demonstration vor dem Rathaus. Es war dann die Bürgermeister-Gattin, die den formalen Schwachpunkt des organisierten Menschenauflaufs erkannte – und einschritt. Weil die Demo nicht beim Landratsamt genehmigt worden war, zeigte sie die beiden Organisatoren kurzerhand an. Noch fühlte sie sich an der Seite ihres Mannes am Machthebel sitzen. Kolportiert wird bis heute ein Begebenheit aus dieser Zeit, als sie im Supermarkt von einer Angestellten mit „Auf Wiedersehen, Frau Lerzer“ verabschiedet wurde. Die schnippische Antwort, „immer noch: auf Wiedersehen, Frau Bürgermeister“ dokumentiert nur ihr Selbstverständnis.

Lerzer selbst versuchte im einiger Verspätung noch zu retten, was längst nicht mehr zu retten war. Mit einer Zahlung von 10000 Euro aus der Privatschatulle in die Gemeindekasse erhoffte er sich offensichtlich so etwas wie einen Gnadenerlass. Die Quittung war jedoch, dass er als Bürgermeister abgewählt wurde. Das Strafverfahren war ohnehin nicht mehr aufzuhalten. Helmut Reister

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