„Unser Ziel ist es, die Ice Tigers Jahr für Jahr zu verbessern“

Sportdirektor Lorenz Funk im Trainingslager in Bad Tölz über das Image der Liga, die Finanzprobleme der DEL-Klubs, das „vernünftige Wirtschaften in Nürnberg“ und den neuen Kader der Noris-Cracks
von  Abendzeitung
Viele Volltreffer und noch keinen Bock geschossen: Sportdirektor Lenz Funk und Trainer Andreas Brockmann (rechts) haben ihre Ziele mit den Thomas Sabo Ice Tigers ganz genau im Visier.
Viele Volltreffer und noch keinen Bock geschossen: Sportdirektor Lenz Funk und Trainer Andreas Brockmann (rechts) haben ihre Ziele mit den Thomas Sabo Ice Tigers ganz genau im Visier. © bayernpress

Sportdirektor Lorenz Funk im Trainingslager in Bad Tölz über das Image der Liga, die Finanzprobleme der DEL-Klubs, das „vernünftige Wirtschaften in Nürnberg“ und den neuen Kader der Noris-Cracks

BAD TÖLZ Finanziell gehören die Ice Tigers nach wie vor nicht zu den ganz Großen in der DEL. Umso mehr Gewicht bekommt da das Lob von Nürnbergs Eishockey-Boss Thomas Sabo über seinen Manager: „Ich bewundere es, wie Lenz mit unserem Budget umgeht. Wir haben nie darüber verhandeln müssen, und es hat dennoch mit der Qualität so gut klappt.“ Worte, die Lorenz Funk, den alle nur „Lenz“ rufen, sicher gerne hört. Kam der Mann aus Bad Tölz doch erst 2009 als Greenhorn auf diesen Posten nach Nürnberg. Exklusiv in der AZ spricht der 41-Jährige über die Lage der Liga, Probleme bei der Spielerverpflichtung und seine Pläne mit den Noris-Cracks.

AZ: Frankfurt raus, Theater mit Kassel, Chaos in Köln und Hannover – kein schönes Eismärchen, oder?

LENZ FUNK: Nein, das war ganz sicher keine Werbung für unseren Sport. Aber leider ist es ja nicht das erste Mal. Seit Gründung der Liga haben sich ja schon einige Vereine verabschieden müssen.

Was läuft denn falsch in der DEL?

Das Problem ist, dass meistens bis zum Anschlag kalkuliert wird. Es wird zu knapp gerechnet, Zahlen oft zu positiv dargestellt, und es wird einfach mehr ausgegeben als rein kommt. Und wenn dann noch eine wirtschaftliche Krise durchs Land zieht, Sponsoren und Geldgeber sich zurückziehen, dann wackelt man schnell. Aber ich möchte darauf hinweisen, dass dies kein alleiniges Problem des Eishockeys ist, auch andere Sportarten stecken in diesem Dilemma. Ich will nicht ablenken, aber schaut man beispielsweise auf den Fußball, und gerade auch ins Ausland, da sind doch sogar die Top-Klubs fast alle hoch verschuldet.

Wenn nach den Frankfurt Lions weitere Vereine mangels Masse die Segel streichen müssen, ist das nicht vielleicht ein Prozess der Gesundschrumpfung?

Ich bin total dagegen, dass man die Situation aus diesem Blickwinkel sieht und als eine Art erzwungenes Gesundschrumpfen betrachtet. Jede Pleite sorgt doch für negative Schlagzeilen, die man nicht gebrauchen kann. Fest steht: Die DEL muss neue Konzepte entwickeln, alle zusammen müssen sich Gedanken machen, wie man die Problematik in den Griff bekommt und einen klaren Weg aus der Situation finden. Das gilt auch für andere Dinge wie etwa den Liga-Modus oder die Strukturen. Aber auch für die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Eishockey-Bund. Da wurden in der Vergangenheit ebenfalls Fehler gemacht, und noch ziehen nicht alle an einem Strang.

Auch der Standort Nürnberg stand 2009 auf der Kippe – hat sich die Lage bei den Ice Tigers inzwischen entspannt?

In Nürnberg wird vernünftig gewirtschaftet, auch wenn wir im Vergleich zu einigen anderen Vereinen nach wie vor einen relativ niedrigen Spieler-Etat haben. Unser Budget hält sich einfach in einem für uns machbaren Rahmen. Aber wir haben natürlich auch das Glück, mit Thomas Sabo einen Hauptsponsor an der Seite zu haben, der uns stark unterstützt, der aber kein Risiko eingeht.

"Die alten Kontrakte wurde an unser Budget angepasst"

Mit Blick auf den neuen Kader erkennt man schon eine gewisse Qualität - aber die hat doch ihren Preis?

Nochmal: Es bleibt im Rahmen, wir sind nicht teurer geworden. Zur Erklärung: Letzte Saison hatte das halbe Team noch alte, laufende Verträge, die erfüllt werden mussten. Mit der anderen Hälfte wurde entsprechend neu verhandelt. Jetzt sind auch die alten Kontrakte ausgelaufen und wurden entsprechend an unser Budget angepasst. Es gibt bei uns keinen absoluten Top-Verdiener mehr.

Ist aus diesem Grund die Verpflichtung eines Wunschspieler wie Verteidiger Michel Periard gescheitert?

Nicht deswegen. Michel wäre für nur ein paar tausend Euro mehr nirgendwo hin außer zurück nach Nürnberg, wo er sich ja vor seinem Frankfurter Jahr in vier Spielzeiten einen sehr guten Namen gemacht hat. Aber dann hat Mannheim ihm so viel mehr geboten, dass unsere Schmerzgrenze weit überschritten wurde und wir aussteigen mussten. Aber ich kann es einem Spieler nicht verdenken, wenn er bei solchen Angeboten zuschlägt.

"Patrick Ehelechner ist natürlich unsere Nummer eins"

Als bislang letzter Crack wurde Sean Blanchard aus Frankfurt verpflichtet. Sind damit die Personalplanungen abgeschlossen?

Nicht ganz, wir sind weiter auf der Suche nach einem Mittelstürmer. Aber der muss uns tatsächlich voran bringen. Auf die Schnelle machen wir da nichts fest, wir beobachten den Markt ohne Druck. Außerdem wollen wir mit unseren Planungen flexibel bleiben. Wir haben jetzt acht Ausländer unter Vertrag, zehn dürfen ja eingesetzt werden, insgesamt zwölf können lizenziert werden. Es bleiben uns also genug Möglichkeiten, um im Saisonverlauf auf allen Positionen bei Bedarf reagieren zu können. Was wir kurzfristig noch tun, sind ein paar Förderlizenzen an junge Tölzer Spieler zu vergeben, um im Notfall darauf zurückgreifen zu können.

Wie sieht es auf der wichtigsten Position aus, bei den Torhütern?

Patrick Ehelechner ist natürlich unsere Nummer eins.

Was passiert, sollte Ehelechner im Saisonverlauf verletzungsbedingt ausfallen?

Dann haben wir Sebastian Stefaniszin. Der hat letzte Saison in Iserlohn immerhin Norm Maracle verdrängt. Sebastian wurde von den Anaheim Ducks hoch gedraftet, er ist sehr talentiert und wir vertrauen auch ihm. Mit den beiden Torhütern sind wir gut aufgestellt.

"Platz zehn ist nach der Vorrunde unser Minimalziel"

Das Ziel sind sicher die Playoffs...

Ja, aber mal langsam. Unser Ziel vergangene Saison war der zehnte Platz, das war realistisch, und einige Experten haben uns nicht mal das zugetraut. Schön, dass es am Ende mit Rang fünf sogar besser war. So, das war damals unser großes Ziel. Jetzt ist Platz zehn nach der Vorrunde unser Minimalziel.

Soll es diesmal nicht mehr als das Viertelfinale werden?

Keiner hätte etwas dagegen. Aber es ist doch so: Wir haben einzelne Spieler geholt, die besser sind als ein Teil derer, die weg sind. Es muss sich jedoch erst beweisen, ob die Jungs wieder als Einheit zusammenwachsen und ob die Mannschaft auch in schwierigen Phasen den nötigen Charakter hat.

Wie ziehen eigentlich die Fans mit, werden die "neuen" Tiger angenommen?

Auf alle Fälle. Schon letztes Jahr war im Umfeld eine positive Stimmung zu spüren. Es zahlt sich langsam aus, dass wir unsere Außendarstellung verbessert haben, dass Ruhe herrscht. Die Akzeptanz bei den Fans, aber auch bei Sponsoren wächst.

"Wir können drei torgefährlich Sturmreihen aufbieten"

Was tut sich denn an der Nürnberger Sponsoren-Front?

Wirtschaftskrise, Sparmaßnahmen usw. - es ist keine leichte Zeit, Sponsoren für eine Sportart zu finden. Dennoch ist es uns gelungen, auch größere Firmen wie zuletzt Fackelmann oder DPD für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. Es gibt keine Skandale mehr bei uns, wir gewinnen Vertrauen zurück und man kann sich als Sponsor wieder mit den Ice Tigers sehen lassen.

Von welchem Spieler, Neuzugang oder auch aus dem letztjährigen Kader, erwarten Sie den größten Schub für die Mannschaft?

Klar ist: Spieler wie Morten Ask, Andre Savage oder auch ein Florian Ondruschka sind für uns nur schwer zu ersetzen. Bei der Zusammenstellung des Mannschaft war es nicht unser Plan, ein oder zwei Stars zu präsentieren. Andreas Brockmann und ich haben mehr auf eine breitere Leistungsdichte geachtet, auf Ausgeglichenheit. Wir können mit Sicherheit drei Sturmreihen aufbieten, die alle torgefährlich sind. Doch auch unsere jungen Spieler werden sich entwickeln und haben ihre Rolle im Team. Natürlich muss man von den erfahrenen Jungs erwarten, dass sie Leistungsträger sind. Die Verantwortung tragen alle, und alle zusammen sollen uns weit bringen.

Erst kürzlich haben Sie Ihren Vertrag vorzeitig um zwei Jahre bis 2012 verlängert. Heißt das: der Funk plant längerfristig Großes mit den Tigern?

Auch Trainer Brockmann und "Co" Derek Meyer haben ja um zwei Jahre verlängert. Die Zusammenarbeit klappt hervorragend und hatte auch einen gewissen Erfolg. Wir haben den Weg gemeinsam begonnen und wollen das fortsetzen. Sicher haben wir Pläne, haben ein Konzept entwickelt, aber das wollen wir nicht unbedingt öffentlich diskutieren. Zumal nicht immer alles nach Plan geht. Unser Ziel ist es jedenfalls, die Ice Tigers Jahr für Jahr, Schritt für Schritt zu verbessern, und über erfolgreichen Sport auch das Stadion weiter zu füllen.

"Ich bin doch nicht der Hans"

Nennen Sie doch drei Gründe, warum Nürnberg Meister werden kann...

Weil alles möglich ist im Sport. Weil wir einen großen Teamgeist haben, und weil unsere Ausgeglichenheit unsere große Stärke ist.

Sollten die Tiger tatsächlich den großen Coup landen, wird Lenz Funk wie Hans Zach als Meistermacher der Hannover Scorpions mit dem Rad durch die Republik strampeln?

Nein, nein, auf keinen Fall - ich bin doch nicht der Hans! Sollten wir mal Meister werden, dann fällt mir schon was anderes ein, aber das passiert dann ohne ein großes Spektakel. Interview: Michael Rupp

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