Unheimliches Todes-Virus im Eisbären-Gehege
NÜRNBERG - Binnen weniger Tage starben die süßen Zwillinge in ihrer Bruthöhle. Tiergarten- Chef Encke vermutet „etwas Akutes“.
Die beiden schlechten Nachrichten kamen im Abstand von nur vier Tagen. Nach seinem Zwillingsgeschwisterchen am Montag ist auch das zweite Eisbärenbaby im Nürnberger Tiergarten gestorben. Mitarbeiter des Zoos, die die Höhle mit den Jungen und ihrer Mutter – der Eisbärendame Vera – per Videoüberwachung im Auge hatten, bemerkten am Freitagvormittag, dass mit dem drei Wochen alten Tier etwas nicht stimmte. Es schrie nicht mehr so laut wie sonst, machte ungelenke Bewegungen, wie Tiergartendirektor Dag Encke berichtete.
Am Nachmittag dann sei Vera sehr aufgeregt gewesen, habe die Höhle verlassen, sei schnaubend zurückgekehrt und habe ihr Nest umgebaut. Zu diesem Zeitpunkt war das zweite Junge bereits tot. Encke zeigte sich am Samstag enttäuscht und bedauerte „den negativen Verlauf der zweiten Aufzucht der mit sechs Jahren noch jungen Mutter sehr“.
Vera, die vor einem Jahr das Eisbärenmädchen Flocke zur Welt gebracht hatte und aus Sorge um dessen Leben von dem Jungtier getrennt worden war, sei diesmal fürsorglich gewesen. Sie habe regelmäßig gesäugt, das Junge habe anschließend geschlafen, so dass es als sicher galt, dass es auch ausreichend Milch bekam, erläuterte Encke.
Die Kleinen sollten bald getauft werden
Da auch die Möglichkeit wegfalle, dass Vera das Junge wegen äußerer Störungen aufgefressen habe, hält Encke einen Infekt der Tiere für die wahrscheinlichste Ursache für deren “schnelles Dahinsiechen„. Sie hätten sich wohl „etwas Akutes“ zugezogen, „da sie innerhalb von Stunden so stark abgebaut haben“, betonte er. Am Samstagnachmittag habe die Eisbärendame ihr totes Junges erstmals aus der Höhle getragen, es dann wieder hinein gebracht und dort ins Stroh gelegt.
„Wir beobachten die Mutter und gucken, wann sie sich damit abgefunden und den Tod des Jungtieres verarbeitet hat“, sagte er. Da sie sehr ruhig wirke, sollte die Höhle vermutlich noch am Wochenende betreten und das tote Jungtier geborgen werden – falls Vera es bis dahin nicht verzehrt habe, sagte Encke. Dies sei bei vielen Tieren üblich. Das zweite Junge ist auf den Videoaufnahmen nicht mehr zu sehen. Möglicherweise habe Vera es auch im Stroh vergraben.
Knapp ein Jahr nach der Geburt von Flocke hatte Vera am 21. November die beiden Jungen zur Welt gebracht. Flocke war vom Zoo per Hand aufgezogen worden. Noch am Mittwoch, nach dem Tod des ersten Jungen, hatte es geheißen, dem Zwillingsgeschwisterchen gehe es weiterhin gut. „Wir hatten die Hoffnung, dass es sich um das biologische Phänomen handelt, dass eins von zweien oft nicht überlebt, das zweite aber dann noch gute Chancen hat. Es ist sehr schade“, betonte der Zoodirektor.
Namen für die Jungtiere waren bereits ausgewählt und sollten erst bekanntgegeben werden, wenn auch ihr Geschlecht feststand. Der letzte Nachwuchs von Vera soll dies aber nicht gewesen sein, wie Encke ankündigte. „Wenn man sagt, wir wollen mit dieser Tierart wirklich eine gesunde Population aufbauen, die parallel zu der Wildpopulation besteht, dann muss man weiterarbeiten.“ddp
Mehr über das mysteriöse Todes-Virus, und wie man im Tiergarten damit umgeht, lesen Sie in der Print-Ausgabe Ihrer AZ am Montag, 15. Dezember.
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