Umstrittenes Erlebniszentrum: Alpine Spielwiesen

Audio von Carbonatix
NESSELWANG - Hoch über Nesselwang im Ostallgäu soll ein großes Erlebniszentrum entstehen – mit einem Flying Fox und einer Hängebrücke. Der Alpenverein schlägt Alarm: „Jahrmarkt-Attraktionen“
Seilrutsche, Hängebrücke, Aussichtsplattformen, Erlebniswelten – im harten Wettbewerb um zahlende Kundschaft setzen immer mehr Ferienorte auf touristische Berg-Attraktionen. Jetzt ist im Allgäu ein Projekt im Gespräch, das für Nervenkitzel und Gäste sorgen soll – den Naturschützern aber Sorgen bereitet.
Knapp sechs Monate ist es her, dass auf dem Osterfelderkopf hoch über Garmisch der „AlpspiX“ eröffnet wurde - eine Aussichtsplattform an der Alpspitze, 1000 Meter über dem Abgrund. Und jetzt? Könnte es bald einen noch größeren Nervenkitzel geben. Wieder auf der Alpspitze – diesmal allerdings im Ostallgäu.
Um diese Alpspitze attraktiver zu machen, wurde eine Agentur damit beauftragt, Ideen zu entwickeln. Herauskam folgendes Event-Paket: Dazu zählen eine Aussichtsplattform, eine Hängebrücke und ein sogenannter „Flying Fox“, mit dem Besucher an einem Seil ins Tal rauschen können. Dazu soll’s einen Themenweg und einen künstlich angelegten Teich im Gipfelbereich geben.
„Wer vom Tourismus lebt, muss mit der Zeit gehen. Deshalb haben wir ein Konzept erstellen lassen, wie sich am Berg etwas entwickeln könnte“, verteidigt Franz Erhart, Bürgermeister der Gemeinde Nesselwang am Fuße der Alpspitze, die Pläne. schränkt aber auch ein: „Natürlich muss alles naturverträglich sein.“
Das Problem: Bislang ist der Allgäuer Alpspitzgipfel weitgehend unerschlossen. Lediglich ein Wanderweg führt von der Bergstation der Seilbahn zum Gipfelkreuz auf 1575 Meter Höhe hinauf. „Oben hat man einen gigantischen Blick. Man sieht Schloss Neuschwanstein liegen und hat ein wunderbares Gipfelpanorama vor sich“, schwärmt der Bürgermeister.
Massiv kritisiert werden die Pläne in Nesselwang vom Deutschen Alpenverein (DAV). „Die Alpspitze ist bisher ein reiner Wander- und Skitourengipfel. Um dort oben eine Hängebrücke oder Aussichtsplattform zu errichten, wären massive Eingriffe in Natur und Landschaft nötig“, sagt Steffen Reich vom DAV-Ressort Natur und Umweltschutz.
Als bedenklich bezeichnet er den alpenweit zu beobachtenden Trend, auf Jahrmarktattraktionen zu setzen. Dadurch verkämen würden die Gipfel immer mehr zum Rummelplatz. „Bauten, die den reinen Charakter von Fahrgeschäften haben, zerstören das authentische Naturerlebnis und haben am Berg nichts zu suchen.“
Auch gegen die Aussichtsplattform „AlpspiX“ über Garmisch hatte es vorher Kritik gegeben. Aber: Die Besucherzahlen im Gebiet sind seitdem um 28 Prozent gestiegen.
bkl
- Themen: