Triumphierend ins Mikro geschmettert
NÜRNBERG - Auch in Nürnberg ausverkauft: Paul Potts rührte in der Arena mit Liedern aus Musicals und Film. Mit Oper hat das wenig zu tun.
Es gehört zu den kalkulierten Missverständnissen des Showgeschäfts, den Sänger und einstigen Handyverkäufer Paul Potts für einen Operntenor zu halten. Begann sein tränenseliger Aufstieg vom schicksalsgebeutelten Außenseiter zum Medienstar mit dem Puccini-Hit „Nessun dorma“ in einer britischen TV-Sendung doch mit den Worten, er sei gekommen, um Oper zu singen.
Auch in der ausverkauften Nürnberger Arena zitiert er Namen wie José Carreras und Fritz Wunderlich. Was er aber singt, hat wenig mit Oper und viel mit der populären Fahrrinne der Drei Tenöre zu tun, in der es sich leidlich schippert: In Schuberts „Ave Maria“ ersetzt ein betretener Gesichtsausdruck jede inhaltliche Gestaltung. Auch „O sole mio“ oder „Dein ist mein ganzes Herz“ machen deutlich: Hier bewältigt einer sein Pensum mit leierndem Legato, falscher Phrasierung und ohne Rücksicht auf inhaltliche Verluste, um sich auf die paar gepressten, aber sicheren Töne der oberen Mittellage zu retten. Triumphierend ins Mikro geschmettert werden sie frenetisch bejubelt. Auch nach deutlich vernehmbaren Patzern. Das wackere Zirkuspferd Potts bedankt sich im Fantasiedeutsch und schmeichelt den Nürnbergern in der „schönsten Stadt Deutschlands“.
Bis auf die unvermeidliche Puccini-Arie als Zugabe zerdehnt Potts vorwiegend sentimentale Musical- und Filmhits, berichtet vom frühen Drang zur Bühne und lässt sich für fünf Lieder von der Neuseeländerin Elisabeth Marvelly vertreten, ehe es zur Duett-Vereinigung kommt. Die Neue Philharmonie Frankfurt greift dazu tief in den Pomadetopf. Nein, Oper ist das alles nicht. Aber vielleicht gerade deshalb so erfolgreich. GK
- Themen: