Tricks mit der Statistik: Noch zu viele Lehrstellen fehlen!
Trotz Aufwärts-Trend: Immer noch hängen rund 50 Prozent der Hauptschulabgänger in der Warteschleife.
NÜRNBERG Nur jeder zweite Jugendliche findet in der Region einen Lehrstelle. Das ist die eine Seite der Statistik aus der für Nürnberg, Fürth, Erlangen und Schwabach zuständigen Arbeitsagentur. Woher kommen dann die Jubelmeldungen über steigende Zahlen der Ausbildungsplätze? Denn auch diese Statistik ist richtig: Nur 161 Lehrstellenbewerber von insgesamt 8813 sind in diesem Jahr nicht vermittelt worden. Doch nimmt man das Zahlenwerk genauer unter die Lupe, erkennt man die Rechentricks: Rund 50 Prozent der „Glücklichen“ sind auf unsicheren Arbeitsplätzen, in so genannten Berufsvorbereitungsmaßnahmen oder sie gehen wieder zurück zur Schule, um beispielsweise den bestandenen Quali mit besseren Noten nochmal zu machen.
Nürnbergs DGB-Chef Stephan Doll (44) betont: „Nicht einmal jeder Zweite, bei der Bundesagentur Gemeldete bekommt einen ungeförderten Ausbildungsplatz.“ Besonders schwer haben es die Hauptschüler. Ein zusätzlicher Migrationshintergrund mache die Lage nahezu aussichtslos. So berichtet Jan Körper (38), DGB-Organisationssekretär: „Von einer Nürnberger Brennpunkt-Hauptschule wurden in den letzten Jahren nur fünf Prozent der Absolventen in eine Ausbildung vermittelt.“
Zu den Zahlen: 8813 Suchende waren im September 2008 bei der Nürnberger Arbeitsagentur gemeldet, davon waren 52 Prozent „Altbewerber“ (sie suchten schon in den Vorjahren), nur 3625 haben tatsächlich einen ungeförderten Ausbildungsplatz bekommen. Die übrigen nehmen entweder Fördermaßnahmen der Stadt an – oder rutschen in die Hartz IV-Statistik.
Die Bundesanstalt erfasst nur rund 90 Prozent der Betroffenen, denn einige bewerben sich nach der Schule direkt im Betrieb.
Manfred Siegel von der Nürnberger Industrie- und Handelskammer kann von 9042 Ausbildungverträgen bis 31. Oktober 2008 berichten – mehr als im ganzen Jahr 2007. Stephan Doll ist trotzdem unbeeindruckt. Er sieht, besonders nach der Finanzkrise große Probleme: „Das waren die Boom-Jahre, was soll passieren, wenn die Krise den Arbeitsmarkt erreicht?“ StS
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