Touristen sorgen für Straßen und Staus: Hier wird jetzt in Bayern demonstriert

Stockender Verkehr, Staus, volle Busse: In Grainau spürt man die Auswirkungen von Massentourismus. Nun formiert sich Widerstand - am Sonntag (12. Oktober) soll demonstriert werden. Wer dahintersteckt, welche Forderungen es gibt - und was der Bürgermeister dazu sagt.
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Ausflügler wollen im August rein in diesen Bus. Andreas Neuner aus Grainau hat die Situation festgehalten.
Ausflügler wollen im August rein in diesen Bus. Andreas Neuner aus Grainau hat die Situation festgehalten. © Andreas Neuner

Das Zugspitzdorf Grainau am Eibsee ist ein extrem beliebtes Ausflugsziel in Oberbayern. Für Andreas Neuner ist der Ort noch viel mehr als das. Es ist seine Heimat. Und für die will sich der 17-Jährige einsetzen.

Über den Sommer hat er immer wieder den Ansturm von Urlaubern und Tagesausflüglern auf seinen Heimatort dokumentiert. Wie auf den Straßen nichts mehr ging. Wie sich Menschen in überfüllte Busse quetschten. Er berichtete teils auch von aggressiver Stimmung.

An diesem Sonntag, 12. Oktober, soll deswegen nun in Grainau und am Eibsee demonstriert werden. Das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen bestätigt der AZ, dass die Aktion angemeldet worden ist. Neuner organisiert den friedlichen Protest "Verkehrswende Eibsee" zusammen mit dem Kommunalpolitiker Martin Sielmann aus Garmisch.

Andreas Neuner.
Andreas Neuner. © privat

In dem am Dienstag geteilten Aufruf dazu heißt es: "Grainau steckt im Verkehr fest. Was einst ein idyllischer Weg zum Eibsee war, ist heute ein Symbol für Stillstand. Stau, Lärm, Abgase und überfüllte Straßen." Sie wollen sich demnach für "Klima, Natur und Lebensqualität" einsetzen. Und "für ein Miteinander, das funktioniert - statt Dauerstress auf der Eibseestraße".

Die Forderungen: Weniger Autoverkehr, besserer ÖPNV

Wie kam es zu den Demo-Plänen? "Ich mache das, damit sich endlich mal was ändert", sagt Neuner der AZ. Aus seiner Sicht war in diesem Jahr "die Stimmung viel aggressiver". "Wir erhoffen uns, dass die Politik reagiert und die Gesetze ändert. So kann es nicht mehr weitergehen."

Der Eibsee ist ein beliebtes Ausflugsziel.
Der Eibsee ist ein beliebtes Ausflugsziel. © imago/imageBROKER/Martina Melzer

Im dazugehörigen Aufruf bei Facebook fordern die Organisatoren konkret: weniger Autoverkehr zum Eibsee, bessere Verbindungen mit Bus und Bahn, Rad- und Fußwege, die sicher sind, sowie mehr Rücksicht auf Mensch, Tier und Umwelt.

So soll die geplante Demonstration ablaufen

Treffpunkt ist am Sonntag (12. Oktober) um 14.30 Uhr am Untergrainauer Dorfplatz. Ab 15 Uhr marschieren die Demonstrierenden entlang der Eibseestraße Richtung Eibsee. Zurück zum Dorfplatz geht es dann für eine Abschlusskundgebung (Ende ca. 17.30 Uhr). Erlaubt sind demnach Banner, Plakate und Schilder.

"Wir wollen, dass der Eibsee für jeden genießbar ist"

Sie erwarten 100 bis 150 Teilnehmende, sagt Neuner am Dienstag. "Es dürfen auch Tagestouristen teilnehmen. Im Endeffekt wollen wir, dass der Eibsee für jeden genießbar ist. Egal ob für Einheimische, Anwohner, Urlauber oder für Tagestouristen."

Hier wird die Route der Demonstration veranschaulicht.
Hier wird die Route der Demonstration veranschaulicht. © Andreas Neuner

Im Fokus steht eine Verkehrswende und nicht, gegen Tagestouristen Stimmung zu machen, hebt Neuner hervor. Ihm ist klar: "Wir brauchen Tourismus. Aber am besten ohne Auto."

"Das schadet dem Tourismus, das schadet uns allen"

Auch Sielmann hat sich in einem Video zu der angekündigten Demo geäußert. Darin sagt er: "Wir wissen alle: Die Verhältnisse am Eibsee sind katastrophal. Der letzte Sommer war schlimm, dieser Sommer war schlimmer. Und wie wird der nächste Sommer?"

Anzeige für den Anbieter Facebook Beitrag über den Consent-Anbieter verweigert

Aus seiner Sicht ist das zentrale Problem der Individualverkehr. "Wenn die Gäste per Bus oder Zugspitzbahn kommen - kein Problem." Aber verstopfte Straßen in Grainau und Garmisch-Partenkirchen seien nicht gastfreundlich. "Das schadet dem Tourismus, das schadet uns allen."

Martin Sielmann engagiert sich für die Demonstration am Eibsee.
Martin Sielmann engagiert sich für die Demonstration am Eibsee. © privat

Der Gesetzgeber müsse rechtlich erlauben, die Eibseestraße wenn nötig sperren zu dürfen, so Sielmanns Vorstoß. "Damit die Überlastung verhindert wird." Sielmann spricht sich in dem Video zudem dafür aus, nicht mehr aktiv Werbung für den Eibsee zu machen.

Das sagt Grainaus Bürgermeister dazu

Grainaus Bürgermeister Stephan Märkl teilt der AZ seine Sicht mit: Bezogen auf die letzten fünf Jahre seien die "Hotspot-Tage" eher weniger geworden. Während Corona und kurz danach seien es "sicherlich 60 bis 70 Tage" gewesen. "Jetzt schätzen wir die Hotspot-Tage, die den Verkehr betreffen, auf 30 bis 40 Tage." Ihn hätten zudem nur sehr wenige Beschwerden von Anwohnern über den Verkehr in den vergangenen Jahren erreicht.

Autofahrer ignorieren die Anzeigetafeln

Aber Märkl schreibt der AZ auch: "Festzustellen ist aber, dass die Hotspot-Tage immer extremer werden." Die Verkehrsteilnehmer fahren demnach zwar an fünf LED-Tafeln vorbei, die die Parkplatz-Lage abbildeten. "Diese LED-Tafeln werden gefühlt von 99 Prozent aller Verkehrsteilnehmer ignoriert."

Als zweites Problem nennt der Bürgermeister ebenfalls den ÖPNV. "Durch die Einführung des Deutschlandtickets wird der ÖPNV zwischen Garmisch-Partenkirchen und Grainau sprichwörtlich überrollt. Zeitweise fahren mehrere Gelenkbusse und der Ansturm der Ausflügler ist trotzdem nicht zu bewältigen."

Welche Ideen wieder verworfen wurden

Gemeinde und Landratsamt hätten schon viel versucht, es handelt sich um eine Staatsstraße. "Leider steht jeder Idee ein rechtliches Hindernis entgegen." Er nennt auf Nachfrage die Idee einer Schranke sowie ein Modell der Vorausbuchung. "Diese Idee wurde aber wieder begraben, da eine Sperrung einer Staatsstraße aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist."

Märkl wird bei der Demonstration "selbstverständlich" vor Ort sein, wie er mitteilt. Aber nicht als Teilnehmer in dem Sinne, sondern als Bürgermeister.

Der Einheimische Neuner sagt über die Protest-Pläne: "Es ist aufregend, so etwas hat man nicht alle Tage." Aber er sei "mit Herz" dabei - und große Unterstützung bekommt der Jugendliche auch von seiner Mutter.

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