Tourismus-Krise am Gardasee: Deutsche Urlauber bleiben fern

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Einem Münchner muss man den Gardasee eigentlich nicht mehr vorstellen. Für die, die ihn nicht kennen, bewirbt das italienische Tourismusministerium ihn als "zwischen hohen Bergen und grünen Ebenen" gelegen, mit Blick auf "geschichtsträchtige Dörfer, antike Ruinen und Burgen". Und natürlich: das Essen!
Doch in diesem Sommer scheint es für Hotels in der beliebten norditalienischen Region ungewohnt schlecht zu laufen. Laut "Corriere del Veneto" ist es ein "bitterer Sommer" für die Tourismusbetriebe: "Italiener und Deutsche fehlen, nordeuropäische Gäste bleiben auf Campingplätzen", so titelt die Zeitung.
Als Gründe angeführt werden jene, die auch hierzulande etwa für weniger Restaurantbesuche oder sonstige Kaufzurückhaltung verantwortlich gemacht werden: die globale politische Lage, Inflation, Krisen aller Art.
Dauer-Staus wegen Sperrung an der Europabrücke mit Auswirkungen auf Norditalien
Die Skandinavier, die den Verlust an deutschen und einheimischen Touristen teilweise wettmachten, seien aber nicht an das italienische Lebensgefühl gewöhnt, zitiert die Zeitung den Tourismus-Unternehmer Fabio Pasqualini. Er nennt noch einen weiteren Grund für das Ausbleiben speziell der deutschen Urlauber: die katastrophale Verkehrslage mit Bauarbeiten, Straßensperrungen und Dauerstau.
"Meine deutschen Kunden erzählen mir, dass sie auch wegen der Arbeiten an der Europabrücke zu Hause bleiben müssen, da auf der Brennerautobahn nur noch eine Spur frei ist: Früher dauerte die Fahrt aus Bayern fünf Stunden, heute sind es sieben." "Im Juli waren vielerorts auf den Straßen und Plätzen der Dörfer um den See kaum Menschen zu sehen", schreibt das Südtiroler Nachrichtenportal stol.it.
"Last- Minute-Buchungen fehlen völlig"
Dabei ist der Tourismus für Italien ein enorm wichtiger Wirtschaftsfaktor: Zum Bruttoinlandsprodukt trug er 2024 mit 10,2 Prozent bei. Laut Statistikportal Statista sind in dem Land am Mittelmeer mehr als 1,5 Millionen Menschen in der Branche beschäftigt. Durch Urlauber wurden 2023 Einnahmen von fast 56 Milliarden Dollar erzielt.
Von 140 Millionen Touristenankünften im vergangenen Jahr entfielen 74 Millionen auf internationale Reisende. 14 Prozent davon kamen aus Deutschland. Italien ist damit das zweitbeliebteste Reiseziel der Deutschen gewesen, nach der heimischen Ostseeküste.
"Last-Minute-Buchungen und Buchungen, die eine Woche im Voraus für die folgenden 15 Tage buchen, fehlen völlig", klagt nun Virginia Torre, Präsidentin der Hoteliers von Lazise, dem "Corriere del Veneto" ihr Leid. Auch sie macht die gestiegenen Preise dafür verantwortlich: "Selbst für eine Pizza, für die eine vierköpfige Familie früher 50 Euro ausgab, zahlt sie jetzt das Doppelte."
Lage habe sich im August leicht entspannt – trotzdem stehen unzählige Hotelzimmer leer
Allerdings habe sich die Branche am Gardasee im August schon leicht erholt, zitiert die Zeitung Giovanni Bernini, den Präsidenten des Verbands der Campingplätze an der venetischen Küste des Gardasees. Aber auch er räumt ein, die Preise seien wohl zu stark gestiegen.
Klar ist zumindest: Wer etwa bei der Plattform booking.com im August zu flexiblen Daten noch ein Hotelzimmer für zwei Personen am Gardasee buchen möchte, bekommt mehr als 3000 Treffer angezeigt (Stand Freitagmittag).
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