Tote, Millionenschäden! So wütete Orkan »Emma«

Die Bilanz ist erschreckend: Das Sturmtief „Emma“, das am Samstag in einer Kaltfront von der Nordsee ostwärts über ganz Deutschland, Tschechien und Österreicht wegfegte, tötete mindestens 14 Menschen, darunter sieben Deutsche, und verursachte Millionenschäden. Besonders betroffen war Bayern.
von  Abendzeitung
Im Nürnberger Stadtteil n Schniegling fiel ein über 100 Jahre alter Baum auf das Haus der Familie Ermann – es wurde niemand verletzt.
Im Nürnberger Stadtteil n Schniegling fiel ein über 100 Jahre alter Baum auf das Haus der Familie Ermann – es wurde niemand verletzt. © az

Die Bilanz ist erschreckend: Das Sturmtief „Emma“, das am Samstag in einer Kaltfront von der Nordsee ostwärts über ganz Deutschland, Tschechien und Österreicht wegfegte, tötete mindestens 14 Menschen, darunter sieben Deutsche, und verursachte Millionenschäden. Besonders betroffen war Bayern.

NÜRNBERG/MÜNCHEN Kirchendach demoliert, Bäume entwurzelt: Erschreckende Bilanz in Franken. Bei Oberpfaffenhofen in Oberbayern kam ein Rollerfahrer (72) ums Leben. Eine Windböe drückte ihn regelrecht gegen einen entgegenkommenden Lkw.

Umgestürzte Bäume, herabdonnernde Dachziegel, ein abgedecktes Kirchendach – so fegte der Sturm mit bis zu 135 Stundenkilometern durch Franken. Der spektakulärste Einsatz der Nürnberger Feuerwehr: Die Wucht des Windes riss das Blechdach der Gustav-Adolf-Kirche ab – es krachte in den Zaun einer Baustelle und zerriss ihn. Der Wind war unter das 150 Quadratmeter große Blechdach des Mittelschiffs gefahren, hatte ein großes Stück abgerissen, den Rest zerknüllt wie ein Stück Papier auf die andere Seite des Daches gedrückt.

Auch die Nürnberger Lorenzkirche bot dem Wind die größte Angriffsfläche, weshalb die Feuerwehr auch den Platz davor sperren musste – Dachziegel fielen wie Geschosse aufs Kopfsteinpflaster. Völlig unverständlich: Wie auch am Richard-Wagner-Platz, wo Absperrungen die Menschen schützen sollten, hielten sich Passanten nicht an die Flatterbänder und brachten sich so unnötig in Lebensgefahr. Vor dem Opernhaus landeten so viele Ziegel eines nahen Geschäftshauses, dass die Feuerwehr den Platz sperrte und neue Eingangswege für die Opern-Gäste vom Parkhaus und vom U-Bahnhof aus schuf.

Weit über 100 Mal mussten Polizei und Feuerwehr am stürmischen Samstag in Nürnberg ausrücken. Der West- und Südfriedhof bleiben bis heute Mittag geschlossen – zu groß die Gefahr, dass noch brüchige Äste herabstürzen.

Glück im Unglück

Glück im Unglück hatte Familie Ermann aus Nürnberg-Schniegling. Der knapp 20 Meter hohe Ahornbaum, der seit beinahe 100 Jahren unmittelbar neben ihrem Wohnhaus wächst, hatte dem Orkan nichts entgegenzusetzen. „Emma“ knickte den Baumriesen wie ein Streichholz.

Samstagmorgen, kurz vor neun Uhr: Dorothea Ermann (57) öffnet das Wohnzimmerfenster, um einen Blumentopf vom Fensterbrett hereinzuholen. Ein dumpfes Krachen, dann rauschen Äste an ihrem Gesicht vorbei. Im Hof liegt der Ahornbaum. Sein tonnenschwerer Stamm hat das Haus nur um Zentimeter verfehlt.

„Wir haben riesiges Glück gehabt“, ist sich Hofeigentümer Peter Ermann (57) bewusst. Die ausladende Krone schrammte zwar am Giebel entlang und schlitze im zweiten Stock ein Stück des Mauerwerks auf, doch das Haus steht noch. „Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn gerade jemand über den Hof gelaufen wäre“, sagt der Berufschullehrer.

Wenig später rückte die Feuerwehr mit einer Drehleiter an, um das Dach mit einer Plane zu sichern. In der Zwischenzeit hatte die Familie bereits lose Ziegel entfernt sowie einen Großteil der Äste zersägt und aus dem Weg geschafft. Nur der Stumpf und der riesige Baumstamm werden wohl noch einige Zeit vor dem Fenster liegen – und die Familie daran erinnern, wie viel Glück sie gehabt haben.

Ähnliche Bilder auch in Unterfranken: Im Raum Aschaffenburg zog ein starker Hagelschauer durch, Dächer von Scheunen, Werkhallen und Wohnhäusern wurde abgedeckt, auch viele Photovoltaik-Anlagen waren nach „Emma“ nur noch Schrott. Die A7 musste zwischen Schweinfurt und Würzburg kurzzeitig wegen umgestürzter Bäume gesperrt werden. Bei Gemünden fielen Bäume auf Bahn-Oberleitungen, auch Hochspannungsleitungen wurden gekappt, was zu Stromausfällen führte.

Mit Blitz und Donner rollte „Emma“ in Oberfranken ein. Die A9 war wegen umgekippter Bäume streckenweise nicht befahrbar, auf der A72 und A93 behinderte starker Schneefall die Autofahrer. Auf der Bahnstrecke Hof-Bad Steben fuhr ein Nahverkehrszug in umgestürzte Bäume – niemand wurde verletzt, die Bahnstrecke ist gesperrt.

Viel Glück hatte der Besitzer eines Autos in Ebensfeld bei Coburg. Im Ortsteil Kleukheim hatte er seinen Pkw abgestellt – „Emma“ hebelte eine alte Linde mit einem Stamm-Durchmesser von einem Meter aus der Erde und drückte sie auf den Pkwsowie ein Wohnhaus. Schaden hier: etwa 20000 Euro. Im Ebensfelder Stadtteil Prächting wurde das Dach einer 20 Mal 10 Meter großen Maschinenhalle abgerissen. Die Teile flogen bis zu 100 Meter weit, rissen eine Stromleitung ab, die auf ein Wohnhaus fiel.

In Hallerndorf im Landkreis Forchheim wollte ein Hausbesitzer seine losen Dachziegel wieder befestigen – dabei stürzte er etwa vier Meter tief – er wurde in ein Krankenhaus eingeliefert.

sw/ane

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