Tote Lea: Erschütterndes Gutachten

Die letzte Mahlzeit des zweijährigen Mädchens: ein Sahnejoghurt - zwei Tage bevor sie starb
WEIDEN Die tödliche Lungenentzündung der kleinen Lea ist durch miserable Pflege und massive Unterernährung zumindest begünstigt worden. Das ist das Ergebnis eines erschütternden Gutachtens durch den Erlanger Gerichtsmediziner Prof. Stephan Seidl.
Vorerkrankungen der knapp Dreijährigen wie eine Hirnhautentzündung hätten erkannt werden können, wenn die Mutter Birgit W. (22) das Mädchen zu den vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchungen gebracht hätte, sagte der Gutachter. Birgit W. muss sich vor dem Landgericht Weiden u. a. wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und Verletzung der Fürsorgepflicht verantworten.
Der Notarzt wurde am 29.März erst drei Stunden nach Leas Tod informiert. „Das Kind war richtig ausgehungert und ausgetrocknet. Die Windeln waren voller Stuhl“, so der Mediziner. „Ein kleines Kind stirbt nicht so einfach.“
Kripo-Beamter: „Ihr war egal, was mit Lea passiert“
Die letzte Vorsorgeuntersuchung fand im Herbst 2007 statt, als Lea sechs Monate alt war. Damals gab es nach Angaben des Kinderarztes keine Anzeichen für eine Krankheit. Ihr Gewicht lag mit 7070 Gramm im Normbereich. Bei ihrem Tod gut zwei Jahre später wog das Mädchen gerade einmal 8200 Gramm. „Normal wären in diesem Alter aber 14 Kilo“, erläuterte Rechtsmediziner Seidl. Bei der Obduktion von Leas Leiche stellte er u. a. eine massive Erweiterung der Hirnkammer, eine akute beidseitige eitrige Mittelohrentzündung sowie einen massiven Blutgehalt der inneren Organe und Ödeme an den Beinen fest. „Das alles sind Zeichen von Austrocknung.“
Birgit W. hat bei ihrem Kind letztmals drei Tage vor dessen Tod die Windeln gewechselt. Leas letzte Mahlzeit war ein Sahnejoghurt zwei Tage vor ihrem tragischen Tod, wie ein Kripobeamter von der Vernehmung der Mutter berichtete. „Ihr war egal, was mit Lea passiert“, betonte er. Die Frau habe das Kind bewusst vernachlässigt, um ihren Mann zurückzuholen, der sich sechs Monate zuvor von ihr getrennt hatte.
Die Frage, ob Birgit W. die tödliche Lungenentzündung hätte erkennen können und müssen, ließ Rechtsmediziner Seidl offen. „Das Tückische daran ist, dass sie relativ symptomarm abläuft.“ Einziges Merkmal sei eine verstärkte Atemtätigkeit. Allerdings hätten massive Unterernährung und Austrocknung bei Lea zu einem Eiweißmangel sowie zu einer Schwächung der Abwehrkräfte geführt.
Die Verhandlung wird am 27. September mit dem psychologischen Gutachten fortgesetzt. Auch die Plädoyers und das Urteil sind für den 3.Verhandlungstag geplant.