Tödliche Dosis: Pfleger pfuscht, Patientin tot
Aus Zeitdruck verabreichte er einer 82-jährigen Rentnerin die 20-fach überhöhte Menge eines Mittels gegen Asthma. Die Frau starb kurz danach auf der Intensivstation – nur Geldstrafe
NÜRNBERG Wie konnte das passieren? Die 20-fache Dosis eines Asthma-Mittels spritzte Altenpfleger Hans B. (30, Name geändert) einer schwerkranken Rentnerin (82). Sie starb daran! Der Mitarbeiter eines ambulant-kirchlichen Pflegedienstes erhielt wegen fahrlässiger Tötung einen Strafbefehl über 6.000 Euro (fünf Gehälter). Dagegen erhob er am Mittwoch am Nürnberger Amtsgericht Einspruch.
Ab 15 Uhr musste er über 25 Hausbesuche machen
Denn damit wäre er vorbestraft gewesen. Den Pfusch gab er zu: „Es stimmt so.“ Ein Jahr arbeitete er damals gerade für den Pflegedienst, war am 2. August 2008 für die Spätschicht eingeteilt. Das heißt: Er musste ab 15 Uhr über 25 Hausbesuche machen. Bei Wilhelmine O. (82) stand an: Umbetten, frischmachen, Medikamente geben. Als Hans B. gegen 21 Uhr zu der bettlägerigen, lungenkranken Frau kam, sollte er ihr zwei Milliliter Solosin TR über die Magensonde verabreichen.
Doch der Pfleger fand weder die kleine Spritze, die von der Tochter der Rentnerin samt Hinweis-Zettel bereit gelegt worden war. Noch las er den Beipackzettel des ihm fremden Mittels. Stattdessen nahm er eine wesentlich größere Spritze, die gleich oben auf dem Nachttisch lag, und füllte sie mit 40 Millilitern.
"Ich stand so unter Zeitdruck"
„Die Flasche selbst enthält doch bloß 100 Milliliter“, stellte Richterin Sigrid Bendick-Raum fest. „Haben Sie sich da nicht gewundert?“ Die Antwort: „Ich habe die Anweisung nicht gelesen, weil ich so unter Zeitdruck stand.“ Als die Frau stark zu schwitzen begann, wurde ihm mulmig. Er rief seine Chefin an, alarmierte den Notarzt. Da war ihr Kreislauf schon kollabiert, sie erlitt Krampfanfälle. In der Nacht darauf starb die Frau im Nordklinikum. Dass eine Überdosis des Mittels die Ursache war, ergab die Obduktion.
„So etwas darf auch nicht unter Zeitdruck passieren“, sagte Staatsanwalt Michael Schaffer. Er beantragte 6.000 Euro Strafe. Die Richterin gab dem reuigen Pfleger aber Rabatt: Nur 3.150 Euro Strafe (entspricht drei Gehältern). Damit ist er nicht vorbestraft – und weiter bei dem Pflegedienst tätig.
cis
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