Todkranke Hündin soll Familie verlassen - weil sie ein Listenhund ist
Burgkirchen - Ganz abgemagert war das kleine Fellknäuel damals, erst sechs Wochen alt, aber die Ohren schon kupiert. Dann hatte das Hündchen Glück: Noch bevor es nach Deutschland verkauft werden konnte, nahm Familie Kochanski in Polen es auf, ein Mädchen war’s und bekam den Namen Fida.
Das war im Herbst 2006, sieben Jahre später ziehen die Kochanskis mit der Hündin nach Burgkirchen. Die Familie wächst, ein Kind kommt hinzu und mehrere Katzen. Fida gefällt es, sie ist ein freundlicher und sanfter Hund. Doch vor einem Jahr gehen die Probleme los. Eine Nachbarin meldet beim Ordnungsamt, dass ein Listenhund in der Gemeinde lebt – Fida ist ein American Staffordshire. Neben anderen Rassen gelten diese sogenannten Kampfhunde in Bayern als grundsätzlich gefährlich.
Mit einem Listenhund ist man in der Bringschuld
Wer einen Listenhund halten will, kommt in die Bringschuld: Es muss bewiesen werden, dass das betreffende Tier nicht aggressiv ist. Außerdem muss begründet werden, wieso es ausgerechnet ein Hund der listengeführten Rasse sein soll und ein berechtigtes Interesse bestehen. Die Richtlinien dafür sind streng, ein Punkt ist allerdings das gesundheitliche Wohl des Tieres. Und den Punkt sieht der Tierschutzverein München als eindeutig erfüllt. Aus einem tierärztlichen Attest, das der AZ vorliegt, geht hervor, dass Fida schwer krank ist. Ihre Lunge ist in einem sehr schlechten Zustand, Hustenanfälle und Atemnot beuteln die Hündin.
Der Hund lebt nur noch drei Monate
Aus medizinischer Sicht kann Fida nur durch die hohe medikamentöse Einstellung derzeit noch ohne Leiden leben, sie selbst hat noch Freude dran. Lang aber nicht mehr, prognostiziert der Tierarzt, drei Monate gibt er ihr noch. Auch weil sie im zwölften Lebensjahr ist, im Bereich der Lebenserwartung für ihre Rasse. Das berechtige Interesse besteht also, der schlechte Gesundheitszustand lässt es zudem absurd erscheinen, dass Fida aggressiv wird. Und sie bringt einen einwandfreien Leumund mit: "Es gab nie einen Vorfall mit Fida", erzählt Claus Reichinger vom Tierschutzverein München.

Die Gemeinde verlangt trotzdem: Fida muss weg aus Burgkirchen. Wohin sie soll, das steht nicht im Plan. Die Eltern in Polen sind nicht in der Lage, sich um sie zu kümmern, zudem wäre der Transport eine hohe Belastung für die alte Hündin. Eine neue Familie? Zu viel Stress. Außerdem geht Nachbarin Gabi Böhm regelmäßig mit Fida spazieren, zusammen mit ihrem Yorkshire-Terrier.
Mit dem 17 Monate alten Baby schmust der Hund
"Sie ist eine sehr verschmuste Hündin, das Wichtigste ist für sie, dass sie bei ihren Menschen sein darf", erzählt sie. Geduldig lasse Fida auch die wilden Spiele des 17 Monate alten Sohnes der Familie über sich ergehen. "Wenn sie nicht mehr mag, geht sie halt weg", erzählt Gabi Böhm. Aggressives Verhalten sieht anderes aus.
Der Tierschutzverein München setzt sich vehement ein für die Hündin, Reichinger berichtet von Gesprächen mit Ordnungsamt und dem Bürgermeister von Burgkirchen. Ihm hat Fidas "Papa" eine Stellungnahme übergeben, anhand derer geprüft werden soll, ob die Haltung genehmigt wird. Wie ein eigenes Kind sei die Hündin für ihn, schreibt er, von den elf störungsfreien Jahren mit ihr, ihrer schlechten Gesundheit und darüber, wie gern auch viele Nachbarn sie haben.
Allerdings: Besonders gut ist die Stimmung zwischen Tierschutzverein und Bürgermeister nicht. Auf einen Post im Online-Blog ModernDogBlog.com hin musste sich der Rathauschef von Burgkirchen einige unflätige Reaktionen gefallen lassen. "Er wirft uns Populismus vor", sagt Reichinger. Während die Angelegenheit um Fida noch läuft, will der Bürgermeister der AZ gegenüber keine Stellungnahme abgeben. Fida kann indes nur abwarten. Und hoffen, dass das bürokratische Hin und Her vielleicht länger dauert als die Lebensmonate, die ihr noch bleiben.
Lesen Sie hier: Haustier gesucht? Die Neuen im Tierheim München
- Themen:
- Tierheim München
- Tierheime