Todesnachricht kam nach 4 Monaten

So lange hatte eine Mutter keine Ahnung vom Selbstmord ihres Sohnes – wegen einer unglaublichen Schlamperei auf dem Behördenweg zwischen Nürnberg und Sachsen.
NÜRNBERG/TORGAU Vier volle Monate haben die Behörden gebraucht, um die Adresse einer Frau zu ermitteln, die im Telefonbuch steht. Dann endlich erhielt sie die Nachricht, dass ihr Sohn (37) nicht mehr am Leben ist.
Holger H. hatte sich am 19. Februar in seiner Wohnung am Nürnberger Nordostbahnhof mit Tabletten umgebracht. Eine Freundin hatte die Polizei verständigt, weil sich der Mann nicht mehr gemeldet und auch auf Klingel- und Klopfzeichen nicht reagiert hatte. Als Polizisten die Türe öffnen ließen, war Holger nicht mehr zu helfen.
Die Angehörigen konnten angeblich nicht ausfindig gemacht werden
Die Freundin des Selbstmörders informierte die Polizei davon, dass Holger aus Torgau (Sachsen) stammt – und dort auch noch seine Familie lebt. Die Nürnberger Polizei gab die Informationen an ihre sächsischen Kollegen weiter. Die sollten Holgers Familie über dessen Tod informieren. Stattdessen teilte die Polizei in Torgau den Nürnberger Ordnungshütern nach drei Monaten mit, dass Angehörige nicht ausfindig gemacht werden konnten.
Die Akte kam zurück nach Nürnberg und wanderte nun weiter ans Nachlassgericht in der Flaschenhofstraße. Dort machte sich ein Mitarbeiter die Mühe und wandte sich ans Einwohnermeldeamt in Torgau. Nur Stunden später erhielt er die Adresse von Holgers Mutter und Schwester.
Bei Mutter Gudrun und Schwester Heike H. traf die Nachricht von Holgers Tod schließlich am 27. Juni ein – mehr als vier Monate nach dessen Selbstmord. Die beiden Frauen sind fassungslos. Sie erfuhren, dass Holger schon längst in einem Armengrab auf dem Nürnberger Westfriedhof beigesetzt worden ist. „Wir konnten von ihm nicht einmal richtig Abschied nehmen.“ Die Familie hätte ihn am liebsten auf dem Friedhof in Torgau beigesetzt, doch die Umbettung und den Transport des Leichnams nach Sachsen kann sich die Familie derzeit nicht leisten.
hr