Tochter von Ahmadinedschad-Berater sucht Asyl
NÜRNBERG/MÜNCHEN - Eine junge Regisseurin zeigt in Nürnberg einen regimekritischen Kurzfilm und sorgt für einen Skandal in ihrem Heimatland Iran: Sie ist die Tochter eines hohen Vertrauten des Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Jetzt sucht sie Asyl in Bayern.
Eigentlich wollte sie längst wieder im Büro ihrer Werbeagentur in Teheran sitzen. Stattdessen teilt sich Narges Kalhor nun mit einem kurdischen Mädchen ein Zimmer in einem Asylheim in Zirndorf nahe Fürth.
Die iranische Filmemacherin will nicht in ihr Heimatland zurück, zu groß ist ihre Furcht vor der Rache der Ajatollahs. Der AZ sagt Kalhor: „Ich habe Angst. Ich kann nie wieder in den Iran zurück.“ Am Montag beantragte sie deshalb Asyl in Deutschland.
Beim Nürnberger Filmfestival der Menschenrechte hatte die 25-jährige Regisseurin vergangene Woche einen regime-kritischen Kurzfilm präsentiert. Darin geht es um eine Foltermaschine, die als „Symbol totalitärer Barbarei“, wie es im Programm heißt, zerstört wird. Man braucht nicht viel Phantasie, um in dem Film eine Anlehnung an Franz Kafkas Novelle „In der Strafkolonie“ und eine Metapher für die Folter im iranischen Strafvollzug zu sehen.
Das iranische Regime erkannte in dem Werk sofort einen politischen Affront. Der eigentliche Skandal war jedoch ein anderer: Narges ist die Tochter von Mahdi Kalhor, dem Medienberater und Vertrauten von Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad.
Handelte sie aus Leichtsinn oder wollte sie bewusst provozieren? Narges Kalhor sagt, sie habe nicht damit gerechnet, dass sich die Nachricht ihrer Teilnahme am Nürnberger Filmfestival bis in den Iran herumsprechen würde. Nachdem sie am 1. und 11. Oktober ihren Kurzfilm "Die Egge" gezeigt hatte, bekam sie jedoch Anrufe von Freunden aus Teheran. Und die hatten keine guten Nachrichten parat: "In Teheran sucht die Polizei nach dir."
Während des Festivals hatte sie bereits in einem Video erklärt, die Reformbewegung im Iran zu unterstützen. Am Dienstag wurde der Film im Internet veröffentlicht. Daraufhin stellte sich ihr Vater gegen die eigene Tochter: Die Opposition unterstütze den Versuch seiner Tochter, die Regierung herauszufordern, sagte er der Nachrichtenagentur INRA. Es gehe um einen Medienkrieg. Auch habe er kürzlich seiner Tochter Narges noch Geld für ihr Grafik-Studium überwiesen.
Narges selbst, die mittlerweile ihr Studium abgeschlossen hat, sagt, sie habe seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihrem Vater. Nachdem sie von dem Sturm der Empörung im Iran erfuhr, sei sie aus Angst vor der iranischen Polizei nach Ablauf ihres Visums nicht ausgereist. Mindestens drei Wochen werde sie nun in dem Asylheim in Zirndorf bleiben.
„Ich hätte gerne meiner Mutter und meinen Schwestern ,Auf Wiedersehen’ gesagt“, meint sie. Ihr Vater wird ihr den Affront wohl kaum verzeihen. Dass er Irans Regime höher achtet als seine Familie, hat er bereits bewiesen. Von Narges Mutter ließ er sich scheiden, weil er sie für eine Gegnerin von Präsident Mahmud Ahmadinedschad hielt.
rke
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