Tänze und Teuflisches
NÜRNBERG Mit strahlendem Gesicht stürmte Christian Lindberg auf die Bühne der Meistersingerhalle. Ganz so, als hätte der Schwede gerade einen wichtigen Preis gewonnen und dürfte ihn nun entgegennehmen. Dabei lag zu diesem Zeitpunkt die Arbeit am Pult und mit der Posaune noch vor ihm.
Belohnt wurden der dirigierende Posaunen-Star und die Nürnberger Symphoniker zwei Stunden später – mit lang anhaltendem Applaus für ein bekenntnis- und erkenntnisreiches Konzert. So schwerwiegend der Titel „Ich bekenne mich“, so leicht machten der unkonventionell im wild gemusterten Seidenhemd auftretende Gastdirigent und die Symphoniker den Einstieg in ihr Programm. Mit Edvard Griegs „Norwegischen Tänzen“ führten sie mal beschwingt, mal gemächlich in die von Grieg geliebte und verehrte Heimat. Eine Idylle, auf die Teuflisches folgte: „Kundraan“, ein Geisteskind des Komponisten Lindberg. „Kundraan“ kündigt sich mit absurden „Humba, Humba“ -Tönen aus den Kehlen einer kleinen Streichergruppe an, gefolgt von Lindbergs wildem „Fußball-Hooligan-Schrei“.
Es ist der Beginn eines aufregenden Kammerspiels mit der Posaune in der Haupt- und den Streichinstrumenten in allen Nebenrollen. Da wird mit- und gegeneinander gespielt, wobei nur einer das Sagen hat: Kundraan. Lindberg verleiht ihm nicht nur mit der Posaune Ausdruck. Er zeigt auch Schauspieltalent und gibt ihm eine Stimme. Rau und tief gibt sie preis, wer Kundraan ist: eine von Luzifer besessene, selbstsüchtige und arrogante Person, die jede Kreatur hasst, aber zumindest von einer geliebt wird. Kundraans Monolog ist ein magischer Moment – und die anschließende Pause nötig, um sich auf Peter Tschaikowskys „Symphonie Pathéthique“ einlassen zu können, die von seinem erfolgreichen, aber auch unglücklichen Leben erzählt. Eine Lebensgeschichte, der man 45 Minuten lang gebannt lauscht, bis sie in Todesstille endet. uma
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