Streit ums letzte Aschestäubchen
MÜNCHEN - Nichtraucher-Initiative fürchtet Schlupflöcher mit geschlossenen Gesellschaften. Grüne halten Kritik für übertrieben. KVR-Chef Blume-Beyerle will beim Rauchverbot durchgreifen
Geht jetzt im Streit ums Rauchverbot wieder alles von vorne los? Die Vollzugshinweise des bayerischen Gesundheitsministeriums zum neuen Gesetz stoßen auf massive Kritik. Der Vizepräsident der Nichtraucher-Initiative Deutschland, Ernst-Günther Krause, hat darin wieder ein Schlupfloch entdeckt. „Das ist klar gesetzeswidrig“, kritisiert er das Vollzugs-Werk von Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder.
In der dreiseitigen Anleitung für die Kreisverwaltungsbehörden gibt es nämlich eine Ausnahme vom Rauchverbot. Dort heißt es: „Nur im Fall einer echten geschlossenen Gesellschaft, die einen abgetrennten Raum oder die gesamte Gaststätte ausschließlich nutzt und bei der die Öffentlichkeit insoweit räumlich ausgeschlossen ist, greift das Rauchverbot in Gaststätten nicht.“ Für Krause ist das der Knackpunkt: „Man hat das Gefühl, die CSU will für die Raucher noch Ausnahmen erreichen, die eigentlich nicht mehr gehen.“ Bayern solle sich ein Vorbild an anderen Bundesländern nehmen. So sähen die Ausführungshinweise in Baden-Württemberg vor, dass das Rauchverbot auch bei geschlossenen Gesellschaften gelte.
Was der Nichtraucher-Vizepräsident aber verschweigt: In Baden-Württemberg darf in Speisegaststätten in einem abgetrennten Raum geraucht werden. Ebenso in Einraumkneipen unter 75 Quadratmetern. Die Sprecherin des Sozialministeriums in Baden-Württemberg, Marion Deiß, zur AZ: „Unser Rauchverbot kann man überhaupt nicht mit dem in Bayern vergleichen.“
Im Freistaat herrscht nämlich das strengste der Republik. Hier sind seit dem Volksentscheid Glimmstängel tabu in Wirtshäusern – bis auf Familienfeiern. Und für die herrschen genaue Regeln: Hochzeit, Geburtstag, Taufe mit fester Einladungsliste oder eine „einberufene Vorstandssitzung einer Gesellschaft“.
Söder blieb gestern stumm. Eine Sprecherin seines Ministeriums: „Das derzeit geltende Bundesgaststättengesetz ermöglicht geschlossene Gesellschaften. Nach einer Verfassungsgerichtsentscheidung gelten echte geschlossene Gesellschaften aber als Privatbereich – darauf hat der Staat keinen Zugriff.“
Münchens Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle sieht in den Vollzugshinweisen keine Gefahr für eine Umgehung des Rauchverbotes: „Wir werden darauf achten, dass es keine Schlupflöcher gibt.“ Auch die Grünen sind zufrieden: Sie halten die Kritik der Nichtraucherinitiative für übertrieben. Fraktionschefin Margarete Buse: „Da einen Streit um das letzte Aschestäubchen zu führen, halte ich für daneben.“
bö
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