Streit um Stellplatz: Politesse parkt ihr Auto gratis

Sie parkt in Nürnberger Stadtteil St. Johannis immer auf dem Gehsteig.
NÜRNBERG Jan Werner ist selten sprachlos. Aber was der 45-jährige Gastronom am 4.Juli erlebt hat, das verschlug ihm im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache...
Seit etwa zwei Jahren führen seine Ehefrau Heike (42) und er das Restaurant „Refugium“ in der Rieterstraße im Nürnberger Stadtteil St.Johannis. Ihr Geschäft grenzt direkt an einen breiten Gehsteig, auf dem auch die Außenbestuhlung steht. An einer Stelle zieht sich der Gehsteig – zwischen den Parkbuchten, die größtenteils für Anwohner reserviert sind – bis zur Straße.
„Ab und an parke ich auch mal an dieser Stelle – obwohl es eigentlich verboten ist“, gibt Werner zu. Dafür kassierte der Gastronom auch schon ein paar Strafzettel: „Jedes Mal 25 Euro. Das ist zwar sehr teuer. Aber gut – wer falsch parkt, der darf sich nicht wundern.“
Die Politesse buchstabierte das Nummernschild des Wirts
Als kürzlich eine Dame mit ihrem Wagen an eben jener Stelle parkte, sprach Werner sie an: „Ich erklärte ihr, dass das ein Gehsteig sei und das Parken hier sehr teuer werden kann.“ Die Antwort der Dame verblüffte den Gastronomen: „Sie erklärte mir aufgebracht, dass sie genau wisse, was sie da täte – es sei schließlich ihr Job. Sie sei nämlich die Politesse, die mich schon öfter aufgeschrieben habe.“ Als sie Jan Werner dann auch noch sein privates Kennzeichen buchstabierte, fiel er aus allen Wolken. „Dann meinte sie noch, sie bleibe hier auf jeden Fall stehen, denn sie wisse ganz genau, dass hier heute nicht kontrolliert werde.“
Die Rieterstraße fällt in den Zuständigkeitsbereich der Kommunalen Verkehrsüberwachung. Deren Außendienstleiter Achim Gatterer kann zwar nicht nachvollziehen, welche Politesse tatsächlich gemeint ist: „Aber wenn das wirklich so ablief, ist das ein absolutes No go“, sagt er. „Ich werde das auf jeden Fall in der nächsten Dienstbesprechung thematisieren“, verspricht er.
Der Gastronom möchte nun einen Straßenbaum an der Stelle haben
Besonders ärgert es Gatterer, weil die Angestellten der Kommunalen Verkehrsüberwachung auch in ihrer Freizeit dazu angehalten sind, ihre Vorbildfunktion wahrzunehmen.
Um die Parksituation auf dem Gehweg vor dem „Refugium“ zu entschärfen, wären die Werners sogar bereit zu investieren: „Meine Frau und ich könnten uns zum Beispiel gut vorstellen, eine Baumpatenschaft zu übernehmen, wenn an dieser Stelle einer gepflanzt werden würde.“
Dann nämlich müsste sich auch die Politesse – wenigstens in der Rieterstraße – an die gültigen Parkregelungen halten. kes