Straßenbahn darf nicht fahren

Ein Gutachter fürchtet, die Züge könnten sich im Begegnungs-Verkehr berühren. Dabei fuhr die „Variobahn“ schon 70.000 Kilometer ohne Probleme
von  Abendzeitung
Aus dem Betrieb genommen: die Nürnberger Variobahn.
Aus dem Betrieb genommen: die Nürnberger Variobahn. © VAG

Ein Gutachter fürchtet, die Züge könnten sich im Begegnungs-Verkehr berühren. Dabei fuhr die „Variobahn“ schon 70.000 Kilometer ohne Probleme

NÜRNBERG Die Fachleute sprechen von Problemen mit der „Hüllkurve“ und dass der „Lichtraumnachweis“ nicht vollständig erbracht ist. Auf deutsch: Weil ein Gutachter bei einer baugleichen Straßenbahn der Münchner Verkehrs-Betriebe eine Berührung der Züge im Begegnungs-Verkehr nicht ausschließen kann, nimmt auch die Nürnberger VAG ihre acht Super-Züge vom Typ „Variobahn“ vorsichtshalber aus dem Betrieb.

Ein Straßenbahn-Fahrer, der anonym bleiben wollte, zog deshalb am Mittwoch gegenüber der AZ gewaltig vom Leder: „Deswegen müssen wir weiter in den alten, nicht klimatisierten Kisten herumgurken und schwitzen uns zu Tode.“

Tatsächlich ist nur schwer zu verstehen, dass Züge, die bereits ein Jahr in Betrieb sind und inzwischen 70.000 Kilometer absolviert haben, wegen ein paar Millimetern aus dem Verkehr gezogen werden.

Erneute Zwangspause für 24 Millionen teure Straßenbahnen

Denn Probleme mit Fast-Berührungen habe es bisher nicht gegeben, beteuert VAG-Sprecherin Elisabeth Seitzinger. „Wir hatten lediglich ein Wartehäuschen am Westfriedhof, das zu nah an den Gleisen stand und den Außenspiegel rasiert hätte. Da haben wir das Dach ein Stück zurückgenommen.“

Eigentlich sollten die 24 Millionen Euro teuren Straßenbahnen (die Hälfte des Kaufpreises übernahm der Freistaat) schon Ende 2008 voll einsetzbar sein. Doch wegen Software-Problemen musste die VAG die Züge an den Hersteller Stadler in Berlin-Pankow zurückschicken.

Im Frühjahr 2009 konnten die 34 Meter langen und 2,30 Meter breiten Bahnen schließlich den Betrieb aufnehmen. Doch zum Jahreswechsel erneute Probleme: Die Fahrgäste froren jämmerlich, weil die Klima-Anlage streikte – wieder ein Software-Fehler.

Wie lange die erneute Zwangspause dauert – VAG-Sprecherin Seitzinger traut sich keine Prognose zu. Jetzt rechnen erstmal die Experten des Herstellers, danach muss das Ganze vom Gutachter der Technischen Aufsichtsbehörde bewertet werden. Erst wenn der grünes Licht gibt, dürfen die Variobahnen wieder auf die Strecke. Bei der VAG ist man froh, dass die Linie 6 zwischen Plärrer und Westfriedhof wegen Bauarbeiten bis Dezember mit Bussen bedient wird. „Deshalb brauchen wir die Variobahn zurzeit nicht“, so Seitzinger. Für den anonymen VAG-Fahrer ist das Ganze nichts anderes als „Verschwendung von Steuergeldern.“ W. Vennemann

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