Stolper-Start ins S-Bahn-Zeitalter

Weil Hersteller Bombardier die Züge nicht rechtzeitig liefern kann, müssen Zehntausende in alten Waggons fahren. Rollstuhlfahrer scheitern an den Bahnsteigen!
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Bombardier-Boss Klaus Baur (l.) und Regio-Chef Norbert Klimt.
Berny Meyer Bombardier-Boss Klaus Baur (l.) und Regio-Chef Norbert Klimt.

Weil Hersteller Bombardier die Züge nicht rechtzeitig liefern kann, müssen Zehntausende in alten Waggons fahren. Rollstuhlfahrer scheitern an den Bahnsteigen!

NÜRNBERG Was ein mächtiger Sprung in eine neue Nürnberger S-Bahn-Ära sein sollte, wird am 12.Dezember zum peinlichen Stolperschritt: Weil der Hersteller Bombardier seine schnittigen S-Bahn-Züge nicht rechtzeitig liefern kann, werden zehntausende Fahrgäste über Monate mit normalen Waggons und alten S-Bahn-Zügen durch die Gegend gefahren. Konsequenz: Die mit Millionen-Aufwand barrierefrei umgebauten Bahnhöfe nützen Rollstuhlfahrern nichts – weil die neuen Bahnsteige zu niedrig für die alten Züge sind!

„Wir entschuldigen uns bei der DB Regio und ihren Fahrgästen für die Verzögerungen“, sagte der betreten dreinblickende Bombardier-Chef Klaus Baur auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit der Bahn und der Bayerischen Eisenbahngesellschaft. Man arbeite mit Hochdruck an der Zulassung der Züge durchs Eisenbahn-Bundesamt und an ihrer Optimierung.

"Das bedeutet einen sehr hohen Aufwand und sehr hohe Kosten"

Tatsache ist: Es gab massive Probleme mit der Software, die das Zusammenspiel der einzelnen Fahrzeug-Komponenten regelt. Die Lokführer erhielten von der Elektronik eine Fülle von Fehlermeldungen, die nicht nachzuvollziehen waren. Die Züge, die für den Probe-Betrieb geliefert waren, mussten zurückgeschickt werden. Selbst wenn Bombardier es schaffen sollte, die 42 Triebzüge doch noch bis 12.Dezember in einwandfreiem Zustand zu liefern – es ist für die Bahn unmöglich, in der verbleibenden Zeit 250 Mitarbeiter für die neue Baureihe 442 zu schulen.

Also hat DB-Regio-Chef Norbert Klimt mit seinen Mitarbeitern ein Ersatz-Konzept gezimmert: In der ganzen Republik wurden 32 spurtstarke Loks und 82 Reisezugwagen zusammengekratzt. Damit will Klimt die kürzeren Fahrzeiten und den dichteren Takt der S-Bahn schaffen. Zum Teil werden die Züge sogar mit einer Lok vorne und einer hinten fahren!

Regio-Chef Klimt lässt offen, ob die Bahn Schadenersatz fordert

Weil die alten Züge nicht für den automatischen Betrieb eingerichtet sind, werden auf den Strecken nach Forchheim, Neumarkt, Hartmannshof und Ansbach 35 Schaffner eingesetzt – und in den Werkstätten müssen 25 Mitarbeiter zusätzlich bereitgestellt werden, um die unterschiedlichen Zug-Modelle zu warten. „Das bedeutet einen sehr hohen Aufwand und sehr hohe Kosten für uns“, so Klimt. Ob sich die Bahn bei Bombardier dafür schadlos hält, ließ er aber gestern offen: „Jetzt geht es erstmal darum, das Ersatz-Konzept umzusetzen“, fügte er hinzu.

Noch ist nicht abzusehen, wie lange es beim Ersatz-Konzept bleiben wird. Fritz Czeschka von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft, die als Kunde den S-Bahn-Verkehr bei der Bahn bestellt hat, hofft, dass die ersten Bombardier-Züge „bald zulaufen“. Eins ist klar: Sind die Züge endlich da, dauert es noch einmal ein halbes Jahr, bis das Personal für die Baureihe 442 fit ist.

W. Vennemann

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