Autobahnen in Bayern: Stickerkrieg zwischen Münchens Fußballklubs
Ein vollgeklebtes Gipfelkreuz auf der Zugspitze, das wegen der vielen hinterlassenen Sticker bald ins Tal geflogen werden muss. Zur Reinigung. Und auch Aufkleber über Aufkleber an Wegweisern der Tegelbergbahn: Über diesen streitbaren Trend, überall Sticker aufzupappen, hat die AZ kürzlich berichtet.
Daraufhin hat sich die Autobahn GmbH des Bundes Niederlassung Südbayern gemeldet. Denn auch sie hat das Problem. Und zwar an Verkehrsschildern. Das ist nicht nur für Autofahrer gefährlich, die dadurch die Zeichen nicht mehr richtig erkennen können. Sondern auch für die unbekannten Sticker-Fanatiker. Denn die müssen sich letztlich an oder sogar über die Fahrbahn wagen, um die Aufkleber dort anzubringen.
Wegen Aufkleber: Von Ausfahrt zu "usfah"
Daniel Wallas, Abteilungsleiter Verkehr und Telematik, schickt der AZ beispielhaft mehrere Bilder von beklebten Schildern aus der Zeit rund um das Champions-League-Finale in diesem Jahr. Ein riesiger Sticker verdeckt zum Beispiel das weiße Autobahn-Symbol und gleich noch den Anfang von "Salzburg". Auf einem anderen Bild ist zu sehen, wie zwei Sticker das Wort "Ausfahrt" verunstalten und auf "usfah" zusammenschrumpfen lassen.

Vor allem Fußball-Fans sieht er als die Verursacher
Wallas sagt der AZ: "Wir merken es besonders zu Großveranstaltungen, zum Beispiel beim Champions-League-Finale in München oder bei der Europameisterschaft." Offenbar gebe es in dem Zusammenhang "Vorbehalte gegen die Uefa von diversen Fangruppen, die das als Forum nutzen".
Auf einem der Aufkleber steht zum Beispiel: Uefa - we care about the richest" (Wir kümmern uns um die Reichsten). Und: "Your greed kills our football" (Eure Gier zerstört unseren Fußball). Der Sticker daneben zeigt das Gesicht von Nasser Al-Khelaifi. Er ist der Präsident und Vorstandsvorsitzende von Paris Saint-Germain sowie Vorsitzender von Qatar Sports Investments (QSI).
Wenn die Sechziger einen Aufkleber drauf machen, kommt jemand anderer und klebt einen Bayern-Aufkleber hin."
Was Wallas vor allem rund um München mit den zwei prominenten Fußballvereinen noch auffällt: "Wenn die Sechzger einen Aufkleber drauf machen, kommt jemand anderer und klebt einen Bayern-Aufkleber hin." Aber auch in Regensburg und Augsburg gebe es ein regionales Fußballsticker-Phänomen. Sind es also vor allem Kicker-Fans, die Autobahn-Schilder bekleben? "Ja", sagt Wallas deutlich. In den Bergen waren es mitunter auch "Nett-hier"-Aufkleber (ursprünglich mit Baden-Württemberg-Bezug).

Aus Sicht der Autobahn GmbH verursacht das Ärgernis ein Verkehrsrisiko, dazu einen enormen Aufwand und auch unnötige Kosten. Man sei gezwungen, zu handeln: "Wenn der Sticker vorne auf dem Inhalt des Schildes klebt, ist es kein offizielles Verkehrszeichen mehr, weil es verändert wurde." Also müsse der Aufkleber entfernt werden.
Die Oberfläche der Schilder ist sehr empfindlich
Spätestens dabei "wird die Oberfläche des Schildes beschädigt", etwa durch Druck. Wallas erklärt, dass diese sehr empfindlich ist. "Man kann sich die Oberfläche wie kleine Glasprismen vorstellen." Das hat damit zu tun, dass das Licht des Scheinwerfers entsprechend reflektiert werden soll. Den Schaden sehe man nicht sofort, aber fehlt die Reflexionswirkung, erkenne man nachts "dunkle Flecken auf den Schildern".
Mit einem Rakel (Werkzeug mit flacher Platte oder Klinge) oder Lösungsmittel müssen Mitarbeiter die Aufpapperl beseitigen. Je nachdem, wo das Schild steht, muss sogar eine Verkehrssicherung eingerichtet werden.
Dazu der administrative Aufwand und die daraus resultierende Arbeit für die Polizei. Wallas sagt: "Wir sind eine GmbH und verpflichtet, jeden Schaden zur Anzeige zu bringen. Gegen unbekannt." Er führt aus: "Das wiederum belastet die Polizei, wenn wir jede Woche wegen irgendwelcher Aufkleber Anzeigen stellen müssen." So sieht die Realität ihm zufolge aber aus.
Der Steuerzahler muss letztlich blechen
Er fasst zusammen: "Der Aufwand ist immens. Wir können ihn eigentlich gar nicht leisten." Die Kosten könnten sich durchaus im vier- bis fünfstelligen Bereich bewegen. Was die unbekannten Kleber wissen sollten: "Im Prinzip zahlen das alle. Die Autobahn-GmbH arbeitet mit öffentlichem Geld. Das ist dann auch Ihr Geld, mit dem wir Aufkleber wegmachen." Zur Einordnung: Die Niederlassung Südbayern betreut rund 1400 Kilometer Autobahn in Bayern und zu Teilen auch in Baden-Württemberg. Das Gebiet erstreckt sich südlich der Donau, von Passau bis Ulm.
Die einzig gute Nachricht: Bisher ist in ihrem Bereich in dem Zusammenhang noch niemandem etwas zugestoßen, "zum Glück noch nicht", sagt Wallas.

