Starkbierfest am Schliersee: Olympiasieger Wasmeier zapft an, Willy Astor sorgt für Lacher

München/Schliersee - Eine Szene wie aus "Game of Thrones". Draußen schüttet es, dass auch der hartgesottenste Wikinger einen Helm aufgesetzt hätte, mit nassen Füßen rettet man sich endlich ins Trockene, doch drinnen weht einem ein Geruch in die Nase, der einen fast wieder rückwärts hinauskatapultiert.
Dicke Nebelschwaden ziehen durch den finsteren, von ein paar genauso finster wirkenden Gestalten bevölkerten Raum. Doch was einen zunächst an Weihrauch denken lässt, ist am Ende doch nur "der Aroma-Hopfen, der dem Ganzen jetzt die besondere Note verleiht", sagt Johannes, ein 44-Jähriger aus Percha, der hier gerade seinem Hobby nachgeht: Bier brauen.
Seit in der Früh um neun ist er mit elf anderen Hobby-Brauern Teilnehmer des Kurses "Bierbrauen wie vor 300 Jahren", und damit willkommen in der historischen, einzigartigen Schöpfbrauerei im Freilichtmuseum von Markus Wasmeier am Schliersee!
Wie im 18. Jahrhundert: Besondere Braukurse im "Probierstüberl"
Eigentlich war man ja auf dem Weg zum Starkbierfest, das der Ski-Olympiasieger zum vierten Mal in seinem maximal knuffigen altbayrischen Wirtshaus "Beim Wofen" veranstaltet. Doch da der Weg zum "Probierstüberl", wo Märzen und Helles aus kleinen Weingläsern auf die Gäste warten, mitten durch die Brauerei führt und bis zum Anzapfen noch zwei Stunden Zeit sind, schauen wir dem Braumeister Olaf Krüger kurz auf die Finger.
Der Mann ist das, was man wohl ein Original nennt: groß, kräftig, grauer, stark ins Weiße tendierender Rauschebart samt gleichfarbigem Wuschelschopf. Stammt zwar aus der Wolfratshausener Ecke, ist aber dennoch hochdeutsch erzogen worden, was er auch nicht gegen einen bayerntümelnden Pseudo-Dialekt eintauschen will, auch wenn es noch so schön in dieses archaische Setting passen würde.
Von der Brauerei Hopf sei er einst zu Wasmeier gewechselt, als der mit Unterstützung der Hacker-Pschorr-Brauerei beschlossen hatte, selbst brauen zu lassen. 2008 eröffnete der damalige Ministerpräsident Günther Beckstein die Brauerei, die fortan Helles, Märzen, bis Mitte Mai ein sechsprozentiges Rotbier und in der Starkbierzeit eben den süffigen "Wasinator" braut.
Nach 2000 Liter Starkbier ist die Saison zu Ende
Von Letzterem gebe es 20 Hektoliter, also 4000 Halbe Starkbier – danach ist die Saison zu Ende. "Da wir keine Pasteurisierung haben, sind wir mit dem Bier auch nicht im Markt", erklärt Wasmeier.
Die Hobby-Brauer haben sich an ihrem Kurstag für ein Gebräu namens "Bier-git" entschieden, erzählt Johannes aus Percha. Morgens um neun haben sie Schürze und Bierkrug bekommen, danach Maische gerührt und mit der acht Kilo schweren Sudkelle zig Hundert Liter vom Sudkessel in den Läuterbottich geschöpft. Währenddessen: Weißwurstfrühstück, abwechselnd in zwei Gruppen.
Im Preis inbegriffen: fünf Halbe Bier und zum Mittagessen ein Schweinsbraten mit Museumsbiersoße. Nach dem sogenannten Hauptguss folgen am Nachmittag diverse Nachgüsse, das Aufkochen des Suds unter Beigabe des Hopfens sowie das Austrebern und das letztmalige Aufkochen mit Hopfen – eine recht komplexe Angelegenheit, diese Brauerei.
Erst nach sechs bis acht Wochen ist das Selbstgebraute fertig und kann in verschiedenen Größen bestellt werden. In die Hand bekommt jeder immerhin ein Diplom und diese Sätze von Braumeister Olaf: "Ich hoffe, ihr hattet ein bisschen Spaß – wenn nicht isses mir auch wurscht." Tiefes Brauer-Gelächter.
Nach kurzer Anzapf-Zeremonie: Willy Astor tritt auf
Im ersten Stock des Wirtshauses geht es danach am Abend etwas gediegener zu. Gut 200 Gäste – darunter Gerhard Polt samt Ehefrau Tini sowie Ski-Olympiasiegerin Viktoria Rebensburg – stärken sich vor der Anzapf-Zeremonie und dem bunten Abend mit Gaudi-Bursch Willy Astor noch mit bayerischen Schmankerln, die allesamt zu längst verschüttet geglaubten Vor-Corona-Preisen zu haben sind.
Die Halbe Starkbier kostet 4,20 Euro – auf dem Nockherberg zahlt man für die Maß 14,50 Euro. Auf das dort übliche Brimborium verzichtet Wasmeier sowieso: Drei kurze Schläge, "O'zapft is!", und schon legt Willy Astor los.

Alkoholfreies Bier sucht man auf der Karte vergebens. Wie hatte es vorher noch geheißen: "Alkoholfreies nehmen wir zum Füßewaschen. Da kann ich ja gleich Limo trinken!" Vor 30 Jahren seien in Deutschland noch pro Kopf 240 Liter Bier getrunken worden, zuletzt nur noch 89 Liter – da müsse gegengesteuert werden.