Stadtrat kassiert doppelt Kindergeld

Der Hauptschullehrer (44) will es fast zehn Jahre lang nicht bemerkt haben, dass er zu Unrecht 17.000 Euro kassierte. In erster Instanz erhielt er 15.000 Euro Strafe. Dagegen ging er in Berufung...
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Stadtrat und Lehrer Roland S.
Berny Meyer Stadtrat und Lehrer Roland S.

Der Hauptschullehrer (44) will es fast zehn Jahre lang nicht bemerkt haben, dass er zu Unrecht 17.000 Euro kassierte. In erster Instanz erhielt er 15.000 Euro Strafe. Dagegen ging er in Berufung...

NÜRNBERG Wie schlecht darf ein Pauker im Rechnen sein? Der Hauptschullehrer und SPD-Stadtrat Roland S. (44) aus dem Nürnberger Umland hat zehn Jahre lang doppelt Kindergeld bezogen – und will es nicht bemerkt haben! Wegen Steuerhinterziehung von 17.000 Euro war der Beamte in erster Instanz zu 15.000 Euro Strafe (fünf Monatsgehälter) verurteilt worden. Dagegen ging er jetzt vor dem Nürnberger Landgericht in Berufung.

Denn: Mit einer geringeren Strafe, maximal drei Monatsgehältern, wäre er nicht vorbestraft. Und könnte weiter – in der Politik oder in der Schule – als ehrlicher Kerl dastehen. Dass das Saubermann-Image angekratzt ist, macht Roland S. schwer zu schaffen. „Was soll ich jetzt meinen Schülern erzählen, die mir so vertraut haben?“, schluchzte der Lehrer. Und was den Kollegen im Stadtrat und den Leuten in den vielen Vereinen, in denen er seit Jahrzehnten wirkt?

Fest steht: Der zweifache Vater hat für einen seiner Buben doppelt Kindergeld beantragt – also monatlich 154 Euro von der Familienkasse wie auch vom Landesamt für Finanzen (Besoldung für verbeamtete Lehrer). In einem Formular hatte er bei der entsprechenden Frage („Anderweitig Kindergeld beantragt oder erhalten?“) „Nein“ angekreuzt.

„Das kann ich mir heute auch nicht mehr erklären“

„Das kann ich mir heute auch nicht mehr erklären“, sagte Roland S. „Ich wollte mir doch in keiner Weise Geld verschaffen, das mir nicht zusteht.“ Dass es auf seinem Konto erschien, habe er lange nicht gemerkt. Sein Tag sei ausgefüllt mit Unterricht, Ehrenämtern und Stadtratssitzungen. Um die Finanzen kümmere sich seine Frau. Doch Richter Reinhold Weber fand es „schwer nachvollziehbar, wenn eine Lehrer nicht merkt, dass monatlich 154 Euro mehr am Konto sind“.

Merkwürdig sei auch, dass die doppelten Überweisungen den Behörden zehn Jahre lang nicht auffielen. Erst 2009 wurden bei einem Datenabgleich 2000 ähnliche Fälle festgestellt. Schaden: zwölf Millionen Euro. Bei Roland S. sind es 17.000 Euro: „Klar, dass ich das zurückzahle“, beteuerte er. „Aber ich habe erst 2008 gemerkt, dass etwas schief lief. Da war mir die Tragweite nicht klar.“ 2009 kam die Anzeige. Der Richter: „Sie haben also gehofft, dass es nicht rauskommt?“ Antwort: „So auch wieder nicht.“ Der Prozess geht am Montag weiter. cis

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