Spielsucht immer schlimmer In Nürnberg gibt’s jetzt Hilfe!
Alleine im Stadtgebiet gibt’s 125 Spielhallen.Neue Beratungsstellein Nürnberg-Johannis
NÜRNBERG Spielen macht süchtig! An dieser Feststellung kommt keiner mehr vorbei, seitdem dieser Satz auch auf allen Lotto-Scheinen stehen muss. Doch der klassische Lottospieler verirrt sich eher selten in die Räume der Stadtmission in der Solgerstraße in Johannis.
Hier suchen Menschen Hilfe, die es bis vor kurzem eigentlich noch nicht gab. Hilfe vor der Sucht nach dem Daddel-Automaten, vor der Macht der Jetons, vor den langen Pokerrunden. Jetzt gibt es im Suchthilfezentrum auch Beratung für pathologische, also krankhafte Glücksspieler. Was die Arbeit problematisch macht: Da Spielsucht nie so prominent behandelt wurde wie etwa Alkoholmissbrauch, gibt es keine Statistiken.
Das ganze Lebensgerüst droht einzustürzen
Michaela Scheindel-Roth, Leiterin der Nürnberger Stadtmission, kann nur auf eigene Zahlen zurückgreifen: „Im Jahr 2000 suchten neun Menschen Hilfe, 2007 waren es schon 62.“ Diese Menschen waren einem enormen Druck ausgesetzt: Der Schuldenberg wuchs, die Löcher konnten kaum gestopft werden, Gläubiger stellten Forderungen, oft hatte die Familie vom Doppelleben in der Spielhalle erfahren. Dann drohte das ganze Lebensgerüst einzustürzen – und trotzdem war die Sucht nach dem Klang der Münzen da. Diese Menschen suchten Hilfe in der Stadtmission, obwohl es sie offiziell dort eigentlich noch nicht gab.
Da der Freistaat Bayern derzeit seine Anstrengungen zur Verhinderung und Bekämpfung von Glücksspielsucht verstärkt, wurde in Nürnberg nun diese Stelle geschaffen. Bayernweit sollen 19 Beratungsstellen wie in Nürnberg zu Spielsucht-Anlaufstellen ausgebaut werden.
Das scheint nötig. Denn wo Spieler sind, schießen die Spielhallen aus dem Boden: Waren es 2002 bei uns 91, sind es 2008 schon 125. Damit stehen allein 1177 Geldspiel-Automaten in der Stadt. „Man nimmt Süchtige in Kauf“, so der Sozialpädagoge Thomas Bauer, der sich mit seiner Kollegin Anita Prößl die Stelle teilt. Sie werden beraten und die Betroffenen zu Therapien vermitteln – vertraulich und kostenlos (Tel.0911/27739-0). Prävention gehört dazu. „Wir sind auch vor Ort, in den Spielhallen“, so Prößl.
Beide bedauern, dass es über diese Sucht nur wenig Fakten gibt. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schätzt, dass in Deutschland 100000 Menschen spielsüchtig sind, als gefährdet gelten 225000 Personen.
Susanne Will
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