Spendenaufruf nach Horror-Sturz: Verletzte Wanderin bittet um Hilfe für sich und ihre Hunde

Andrea Normantasz (38) stürzt im Chiemgau mit ihrem Hund ab und wird schwer verletzt. Sie kämpft sich zurück und erlebt dabei große Menschlichkeit. Dennoch braucht sie noch Hilfe.
von  Rosemarie Vielreicher
Ihre drei Hunde haben bei ihr ausgeharrt, bis sie gerettet werden konnte.
Ihre drei Hunde haben bei ihr ausgeharrt, bis sie gerettet werden konnte. © privat

Ich dachte: Jetzt sterbe ich.“ Dieser Gedanke schießt Andrea Normantasz (38) durch den Kopf, als sie am Ostersonntag im Gebiet Rudersburg schwer verunglückt. Sie ist an diesem Tag mit ihren drei Hunden zu einem längeren Spaziergang im Grenzgebiet zwischen Bayern und Österreich aufgebrochen, will noch in der Natur etwas lesen und dann wieder nach Hause nach Breitbrunn am Chiemsee. Doch alles kommt anders.

Die aus Ungarn stammende Heilpädagogin und Psychologin ist noch im Klinikum Traunstein, als sie der AZ ihre Geschichte erzählt. Sie muss ihr Telefon auf Lautsprecher stellen, weil sie das Handy noch nicht halten kann. Bei dem Bergunfall hat sie sich beide Arme gebrochen. Auch an mehreren Wirbelkörpern hat sie Verletzungen.

Gefährlicher Sturz: Wanderin stürzt knapp 50 Meter in die Tiefe

Wie ist das passiert? Sie habe sich auf dem normalen Wanderweg befunden, bis sie sich einem Bach nähern wollte, der auf der Karte ihres Handys angezeigt war. So schildert sie es der AZ.

Es sei für sie nicht ersichtlich gewesen, dass sie sich auf eine Schlucht zubewegt. „Ich bin ausgerutscht, wie beim Schlittenfahren.“ Als sie versucht, sich zurück zu wagen, sei sie erneut abgestürzt. 50 Meter, schätzt sie.

"Ich dachte, jetzt sterbe ich"

In dem Moment huscht ihr dieser eine Gedanke durch den Kopf: Jetzt sterbe ich. „Ich bin aufgeprallt, spürte Druck auf der Brust.“ Es dauert Sekunden, bis sie realisiert: Sie lebt. Und sie will überleben. Aber: „Meine Arme waren sofort so schwer, dass ich nicht aufstehen konnte.“

Sie sei auf dem Rücken und ihrem Rucksack gelandet. Ihr Glück sei gewesen, dass ihr Handy in der Jackentasche steckte und sie es irgendwie „rauskratzen“ konnte. Notruf! „Es hat gefühlt zehn Minuten gedauert, bis ich den Knopf drücken konnte, weil meine Hand einfach keine Kraft mehr hatte“, so die 38-Jährige.

Stundenlanges Warten auf Hilfe: Rettungskräfte können die Verletzte erst nicht orten

Es gibt in der Folge Schwierigkeiten beim Orten, das schildert auch die Bergwacht Schleching später bei ihrem Bericht.

Stundenlang muss die 38-Jährige ausharren. „Ich war die ganze Zeit bei Bewusstsein.“ Wach bleiben und Kräfte sparen – das ist in dem Moment ihr wichtigstes Ziel. Einer ihrer drei Hunde ist mit ihr abgestürzt, diesen hatte sie angeleint. Unterschenkelbruch.

Die anderen beiden Jagdhunde seien nach dem Sturz von selbst zu ihnen gekommen. „Sie saßen die ganze Zeit bei mir. Sie haben mich angeschaut und wussten, dass wir in Not sind. Das hat mir Hoffnung gegeben: dass ich für sie überleben muss.“

Technikbus, Drohne und Wärmebildkamera suchen die 38-Jährige

Die Bergwacht Schleching schreibt am Tag nach dem Einsatz auf Facebook: Sie seien gegen 14 Uhr alarmiert worden. „Unverzüglich machten sich Rettungskräfte der Bergwacht Schleching mit dem Einsatzfahrzeug und dem Geländefahrzeug auf den Weg zur vermuteten Einsatzstelle.“ Ebenso rückt die Hundestaffel Chiemgau wegen des verletzten Hundes aus.

Die Retter teilen weiter mit, dass Verstärkung gerufen werden muss – „aufgrund der Größe des Suchgebiets und des Geländes“. Sprich: Bergwacht Marquartstein, Bergrettung Kössen, Wasserwacht, Technikbus Chiemgau mit Drohne und Wärmebildkamera. Und auch ein Polizeihubschrauber.

Erst um 16.45 Uhr habe es erneut Kontakt zur Patientin gegeben, mit genaueren Infos zur Absturzstelle. „Es stellte sich heraus, dass sie sich nicht wie vermutet zwischen Rudersburger See und Tiroler Ache befindet, sondern sehr viel weiter oben am Berg in Richtung Rudersburg.“

"Ich weiß nicht, wie ich das geschafft habe"

Über sich sieht die verunglückte Frau irgendwann Hubschrauber kreisen, erzählt sie im Gespräch. Einmal fliegt er über sie hinweg, zweimal. Beim dritten Mal nimmt sie nochmal alle Kraft zusammen und wählt den Notruf trotz gebrochenen Armen. „Ich weiß nicht, wie ich das geschafft habe“, sagt sie im Nachhinein.

Die Bergwacht berichtet, dass sie die Verunglückte gegen 17.20 Uhr durch Rufkontakt orten kann. Jedoch habe zwischen den Helfern und der Patientin ein rund „70 Meter hohes, extrem steiles und felsdurchsetztes Waldgelände, über welches die Patientin abgestürzt ist“, gelegen.

Bergretter und ein Notarzt seilen sich zu ihr und den Tieren ab. Die 38-Jährige erzählt: „Nach vier Stunden habe ich die ersten Stimmen gehört. Dann habe ich auch geschrien.“

Finanzielle Sorgen plagen jetzt die Wanderin

Sie sei „so glücklich, so dankbar“ gewesen. Über den Einsatz und die Mühen der Bergretter sagt sie voller Dankbarkeit in der Stimme: „Das ist keine Selbstverständlichkeit.“ Sie ist sich bewusst, dass es auch anders ausgehen hätte können.

Denn sie lebe alleine mit ihren drei Hunden und Meerschweinchen. Sie habe zwar viele Freundinnen, mit denen sie aber nicht zwingend täglich telefoniere. „Wenn ich den Notruf nicht hätte wählen können, hätte mich vielleicht ein, zwei Tage niemand vermisst.“

Andrea Normantasz hat sich bei dem Bergunfall unter anderem beide Arme gebrochen.
Andrea Normantasz hat sich bei dem Bergunfall unter anderem beide Arme gebrochen. © privat

Zu den körperlichen Beschwerden kommen nun finanzielle Sorgen, weil sie außer Gefecht ist. Ihre Hoffnung liegt auf schnellen Fortschritten in der Früh-Reha, die am Mittwoch beginnen sollte. Aktuell könnte sie sich ohne Hilfe nicht versorgen.

Ihre Hunde hat sie bei einem Hundetrainer untergebracht. Ihre Unfallversicherung habe vier Wochen dafür bezahlt. „Aber nach 28 Tagen kriege ich nichts mehr für die Hunde und bin wieder auf mich alleine gestellt.“

Der Hundetrainer mache ihr zwar einen Spezialpreis. Doch trotzdem muss sie diese zusätzlichen Kosten decken.

Kosten über 7000 Euro: Spendenaktion für ihre drei Hunde

Deswegen hat sie eine Gofundme-Spendenaktion gestartet. Darin schreibt sie: „Als verantwortungsvoller Mensch habe ich für den Notfall vorgesorgt, dennoch bin ich in dieser Situation auf Hilfe angewiesen, denn die Leistungen meiner Unfallversicherung sind begrenzt und reichen bei meinen schweren Verletzungen nicht aus.“

Und: „Die bisherigen Tierarztkosten von der Notversorgung und OP belaufen sich auf 7000 Euro“, die aber nicht komplett von der Versicherung übernommen würden. Über die Spendenaktion sind bisher über 2600 Euro (Stand Donnerstag) zusammengekommen.

Ihre eigene Situation beschreibt sie aktuell so: „Ich brauche eigentlich wie ein Kindergartenkind rund um die Uhr Betreuung.“ Zehn Tage sei sie anfangs „wie ein Baby gefüttert worden“.

"Pfleger und Ärzte kümmern sich unermüdlich um mich"

Von einem ganz jungen Bufdi (Bundesfreiwilligendienst). Der hat sie besonders beeindruckt: „Er stand stundenlang gelassen neben mir und hat gewartet, bis ich mein Süppchen runterschlucke. Er war nicht genervt, das war sehr wichtig für mich zu spüren.“

Auch über die Ärzte und Pfleger im Klinikum Traunstein verliert sie nur positive Worte: „Die Pfleger und Ärzte kümmern sich unermüdlich um mich. Klar, es ist auch ihr Job, aber man spürt, dass sie mit Menschlichkeit und Zuwendung dabei sind.“


Hier geht es zum Spendenaufruf der 38-Jährigen auf der Plattform "GoFundMe".

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