Ein Pfleger und ein Allrounder aus Südafrika: Das sind die neuen Wirte der Tegernseer Hütte
Auf der Tegernseer Hütte ist eine neue Ära angebrochen: 31 Jahre lang sorgten Silvia und Michl Ludwig auf der DAV-Hütte bei Kreuth für die Gäste, nun haben Sebastian Bailey (32) und Andreas Hauber (44) übernommen.
Bailey kommt ursprünglich aus der Nähe von Kapstadt in Südafrika und hat schon so einiges in seinem beruflichen Leben in München und Innsbruck ausprobiert, wie er der AZ erzählt: im Biergarten, im Kino, als Fahrradkurier. Seit sechs Jahren gehört er zum Team der Tegernseer Hütte.
"Wir machen das zusammen"
„Ich wollte mehr Verantwortung übernehmen und eigene Ideen umsetzen. Das war der Hauptgrund“, sagt er über den Schritt, selbst Pächter zu werden. „Es ist allein viel Arbeit, dann haben wir uns überlegt: Wir machen das zusammen.“
Hauber ist sein langjähriger Arbeitskollege und Freund. Er kommt aus Ellwangen und bringt ebenfalls viel (Lebens-)Erfahrung mit. „Ich bin ursprünglich Fachpfleger für Palliativpflege“, erzählt er der AZ. Er studierte zudem Philosophie und Theologie, arbeitete schon in der Geflüchtetenhilfe und ist nebenher beim Radio aktiv.

Seit 2010 war er immer wieder in der Tegernseer Hütte angestellt. Und nun sind sie selbst die Herren der Hütte.
Alpenverein über die Hütte: "Keine zweite in so spektakulärer Lage"
Der Deutsche Alpenverein (DAV) beschreibt diese so: „Es gibt höher gelegene Hütten in den Bayerischen Voralpen, aber keine zweite in so spektakulärer Lage. Im Adlernest zwischen den Gipfeln von Roß- und Buchstein bietet die Tegernseer Hütte auf 1650 Metern Wanderern wie Kletterern Kost und Logis.“
So waren die Anfänge ab 1903
Die erste Hütte entstand dort 1903 auf nur zwölf Quadratmetern. 1913 wurde das Gebäude durch einen größeren Bau ersetzt, der 1965 von einem Blitzschlag zerstört wurde. Erneut wurde die Hütte aufgebaut, zuletzt 2020 umgebaut.
Ihr Saison-Start Mitte Mai sei gut gewesen, sagen beide neuen Hüttenwirte. Auch wenn das Wetter bisher nicht 100 Prozent mitgespielt hat. Bailey sagt: „Die schönen Tage waren gut besucht, bisher ist alles sehr gut gelaufen. Wir haben ein super Team.“
Was die Neuen planen
Was sich mit der Übernahme ändert? Beide sagen, dass sie geprägt sind von der Zeit mit den früheren Pächtern. Vieles bleibe „sehr ähnlich“, sagt der 32-Jährige.

Sein Spezl beschreibt ihre Hüttenzeit als Prozess, es sei nichts in Stein gemeißelt, sondern im Entstehen. Das klingt alles lässig, entspannt, nach Freiheit. Konkret geändert hat sich schon, dass es jetzt ein Frühstücksbüfett gibt. Das komme gut an. Hauber ist der frühe Vogel und kümmert sich darum. Ansonsten übernimmt er die Einkäufe (es gibt eine Materialseilbahn) und das Organisatorische, Bailey sei mehr vor Ort.
Dieser sagt weiter: „Wir haben die Speisekarte etwas erweitert.“ Es gebe jetzt etwa eine Tageskarte - mögliche Gerichte sind Tomatensuppe, Maultaschensuppe oder auch ein Kaiserschmarrn. Noch ist die Speisekarte nicht online und auch noch nicht ganz fix, so Hauber.
Sie wollen einen Teil der Kaffee-Einnahmen an die Bergwacht spenden
Was dem 44-Jährigen sehr am Herzen liegt: Von jedem getrunkenen Kaffee in der Hütte gehen 50 Cent an die Bergwacht. Sie haben auch schon weitere Ideen für die Zukunft, wie Bailey erzählt: Sie könnten sich ein Abendessen für Nicht-Übernachtungsgäste vorstellen oder auch mal ein Weißwurstfrühstück. Jetzt wollen sie aber erst mal den Rhythmus verinnerlichen, sich eingrooven.
Wie schaut es mit den Preisen aus? „Wir haben größtenteils die Preise gleich gelassen“, sagt Bailey. Die Kartoffelsuppe sei sogar billiger geworden. Sie kostet nun sieben Euro, ist neuerdings aber vegetarisch (ohne Würstl). Das Abendessen sei etwas teurer geworden, dafür bekomme man mehr.
"800 Höhenmeter, das ist schon ordentlich"
Dass es durchaus ein anstrengender Anstieg bis zur Hütte ist, liest man in den Google-Kommentaren. „800 Höhenmeter, das ist schon ordentlich. Es sind zwei Stunden, in denen man gut gehen muss“, sagt Bailey. Er sagt aber auch, dass sowohl Kinder als auch Senioren bis 85 Jahre als Gäste zur Hütte kämen. „Generell sind das Leute, die in den Bergen unterwegs sind, sich auskennen und fit sind.“
Der einfachste Weg ist ihm zufolge vom Parkplatz Klamm/Winterstube aus. „Das dauert zweieinhalb bis drei Stunden.“ Hauber sagt, dass überraschend viele Gäste aus Landshut und Regensburg kämen. Und: „Aus München kommen die allermeisten.“
Insgesamt gibt es 21 Übernachtungsplätze
Belohnt wird man oben mit einer tollen Sicht, auch bis zum Achensee in Österreich. Bailey sagt: „Ich liebe diese Aussicht. Die Hütte ist perfekt gelegen, traumhaft zwischen den Gipfeln. Man hat das Gefühl, man ist oben im Gebirge, obwohl man im Vergleich zu anderen Hütten nicht ganz so weit oben ist.“ Am liebsten hat er den Sonnenuntergang. „Das ist schon traumhaft. Man sieht sich nie satt.“
Hauber sagt: „Ich persönlich mag den Ort an sich. Und dass es eine kleine, überschaubare Hütte ist.“ Er wünscht sich dort eine Atmosphäre zum Wohlfühlen und dass gut miteinander umgegangen wird.
Die Saison läuft bis zum 8. November (Öffnungszeiten von 10 bis 18 Uhr; Platz für 21 Übernachtungsgäste). Was Bailey nach der ersten Saison erwartet, macht fast neidisch: „Ich werde nach Südafrika zur Familie fliegen und ein bisschen am Strand liegen. Dann werde ich in Innsbruck ein bisschen Skifahren.“
Soweit zur nahen Zukunft. Ob die zwei auch 30 Bergsommer oder länger als ihre Hüttenwirt-Vorgänger durchziehen, wird die Zukunft zeigen.
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