Spektakuläre Bergungsmission im Bodensee geplant: "Kann zu ernsthaften Problemen führen"
Es ist ein Mammut-Projekt: Das einstige Schweizer Dampfschiff "Säntis" soll am 17. April nach 90 Jahren aus dem Bodensee geborgen werden. Das Wrack, das über 130 Jahre alt ist, liegt derzeit in 210 Metern Tiefe des Binnengewässers. Der Schweizer Schiffsbergeverein in Romanshorn (Bezirk Romanshorn im Kanton Thurgau) wird die Bergung unter anderem mit Lanzen, Hilfsleinen, Stahlseilen, Hebesäcken und Pontons durchführen.
"Das Projekt ist eine Wundertüte", sagt Silvan Paganini, Präsident des Schiffsbergevereins, der AZ. Es sei einmalig, was hier versucht werde. "Aufgrund der Tiefe gibt es technische, menschliche und witterungsbedingte Herausforderungen."
Crowdfunding-Aktion: Das Dampfschiff "Säntis" soll aus dem Bodensee geborgen werden
Dennoch sind Paganini und sein Team, die alle ehrenamtlich arbeiten, zuversichtlich, dass das Unternehmen "Säntis" klappt. Für die Bergung hat der Verein eine Crowdfunding-Aktion ins Leben gerufen. Insgesamt sind binnen vier Monaten 260.000 Franken (mehr als 270.000 Euro) zusammengekommen.
Die Konservierungskosten, wie neue Farbe und ein neues Deck für den Dampfer, sind schon inbegriffen. Um ihn aber wieder fahrtauglich zu machen, sind laut Paganini 13 Millionen Franken (13,5 Millionen Euro) notwendig. Somit wird die "Säntis" in der Werft der Schweizerischen Bodensee Schifffahrt (SBS) binnen zwölf Wochen nur schwimmtauglich gemacht. Anschließend darf das Schiff, das mittlerweile dem Verein gehört, für zwei Jahre kostenlos an einem Liegeplatz in Romanshorn festmachen. "Was dann passiert, müssen wir schauen", sagt der gelernte Hochseekapitän.
"Sie erwecken Geschichte auf dem Wasser zum Leben"
Der Dampfer wurde 1892 in Betrieb genommen, bot Platz für 400 Passagiere. 1933 wurde er für nicht mehr fahrtauglich befunden. Weil eine Verschrottung des Seitenraddampfers zu kostspielig war, wurde er im Beisein von 400 Zuschauern einfach im Bodensee versenkt. "Heute wäre das natürlich illegal", betont Paganini.
Für Adi Konstatzky, der mehr als 30 Jahre lang an Bord des Schaufelraddampfers "Hohentwiel" auf dem Bodensee war, davon knapp 20 Jahre als Kapitän und Geschäftsführer der österreichischen Hohentwiel Schifffahrtsgesellschaft in Hard am Bodensee, sind historische, restaurierte Schiffe wie ein schwimmendes Museum. "Sie erwecken Geschichte auf dem Wasser zum Leben, was sie von einem statischen Landmuseum unterscheidet", sagt er der AZ. "Zudem gewähren sie uns wertvolle Einblicke in die vergangene technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung von Generationen und ganzen Epochen."

Die Tiefe ist nicht zu unterschätzen
Die zwei größten Herausforderungen einer Wrack-Bergung sind laut dem Experten "die Überzeugungsarbeit und die Beschaffung der finanziellen Mittel". Aber auch die Tiefen, in denen gearbeitet wird, und die geringe Sichtweite von nur wenigen Metern sind nicht zu unterschätzen. Eine umfassende Planung, Vorbereitung sowie geeignetes technisches Equipment seien das A und O. Aus diesem Grund hatte der Schweizer Schiffsbergeverein in Romanshorn im Vorfeld zwei selbst gebaute Tauchroboter hinuntergeschickt, um einen Eindruck vom aktuellen Zustand des Wracks zu bekommen.
"Am Ende bleibt ein Restrisiko. Denn in der Regel erleidet ein Schiff strukturelle Schäden, wenn es in 250 Metern Tiefe auf den Seegrund aufschlägt. Diese können während einer Bergung zu ernsthaften Problemen führen, bis hin zum Auseinanderbrechen des Wracks", erklärt Konstatzky, der Mitinitiator der Restaurierung des historischen Motorschiffs "Oesterreich" aus dem Jahr 1928 war. Eine solche Restaurierung hat natürlich diverse Gründe. Einer der wichtigsten: der wirtschaftliche Nutzen. "Am Ende des Tages müssen Bergungs-, Instandsetzungs-, Betriebs- und Unterhaltskosten wieder hereinkommen. Darüber sollte man Klarheit haben", so Konstatzky.
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