Spaziergang wie im Mittelalter: Seltene Gelegenheit für Touristen in Bayern

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Die Stadt Schongau ist stolz auf ihre historische Stadtmauer - 2026 wird das "Geschichtsbuch in Stein" schon 800 Jahre alt. 1,6 Kilometer ist das Bauwerk insgesamt lang, es gilt als eine der am besten erhaltenen Stadtmauern im süddeutschen Raum.
Ein Stück davon können Besucher, Touristen und Einheimische bereits begehen, doch die Stadt am Lech will in diesem Sommer testen: Geht noch ein längeres Stückerl? Seit 15. August läuft eine Testphase. Bis 30. September.
Schon zuvor konnten Interessierte zwischen dem Klosterhof und dem Parkplatz an der Tiefgarage auf der Mauer spazieren. Ab sofort ist auch der Abschnitt von dort bis zum Friedhof geöffnet.
"Bedeutendes kulturelles Erbe für die Stadt"
Die Stadt teilt der AZ dazu mit: "Die Stadtmauer ist nicht nur ein bedeutendes kulturelles Erbe für die Stadt Schongau, sondern auch eins der touristischen Highlights. Sie erfreut sich bei Besuchern großer Beliebtheit und ist identitätsstiftend." Die Stadt möchte das "einmalige Bauwerk künftig in größerem Umfang erlebbar" machen.

Dem ehemaligen Kreisheimatpfleger zufolge war der Abschnitt zwischen Ende der 80er bis Anfang der 90er offen, dann wurde er geschlossen. Damit bietet sich aktuell eine seltene Chance. Insgesamt sind rund 500 Meter der insgesamt 1,6 Kilometer zugänglich.
Auf Facebook teilt die Stadt die zwei Treppen-Aufgänge mit: in der Amtsgerichtsstraße (Tiefgarage), der andere liegt direkt im Klosterhof an der Karmeliterstraße. Geöffnet ist der Wehrgang demnach tagsüber (8 bis 20 Uhr).
Warum nur als Testphase? Rücksicht auf Schongauer
Warum aber ist es nur ein Test, warum sperrt man nicht unbegrenzt auf? "Die Stadt ist sich bewusst, dass die Öffnung des Teilabschnitts bei einigen Anwohnern Sorgen hervorruft – insbesondere was die Wahrung der Privatsphäre sowie mögliche nächtliche Ruhestörungen durch unerlaubte Aufenthalte oder Feiern auf der Mauer betrifft." Diese Bedenken nehme man sehr ernst.
"Respektieren Sie die Privatsphäre und Rechte der Anwohner"
Deswegen lautet auch der Hinweis zur Öffnung: "Respektieren Sie die Privatsphäre und Rechte der Anwohner." Und: "Dauerhafter Aufenthalt, Rauchen, Trinken und Feiern sind nicht erlaubt. Lärm ist zu vermeiden."
Während des Testlaufs beobachtet und wertet die Stadtverwaltung aus, wie die Öffnung angenommen wird. "Ziel ist es, in einem ausgewogenen Dialog zwischen touristischem Interesse und berechtigten Anliegen der Anwohnerinnen und Anwohner eine tragfähige Lösung zu finden."
Die schönsten Ausblicke – das sind die Highlights
Einer der schönsten Blicke von der Stadtmauer ist der Tourist-Info zufolge die Sicht hinab auf den Klostergarten.
"Eindrucksvoll ist auch der Blick von der Stadtmauer auf den altehrwürdigen Friedhof mit der Friedhofskirche St. Sebastian, die 1528 erstmals erwähnt wurde."

Aber schon allein der Gang über die Stadtmauer sei ein Erlebnis. "Man bewegt sich auf denselben Wegen, auf denen schon vor Jahrhunderten die Bürger und Wachen das Umland im Blick hatten. Man spürt das Ambiente hautnah und fühlt sich fast zurück ins Mittelalter versetzt."
Zeitreise: Wie ein früherer Wächter der Stadt
Der Wehrgang und die Mauern erzählten Geschichten von "Schutz, Trutz und Wehrhaftigkeit, vom mittelalterlichen Leben und Schongaus Bedeutung als Handelsstadt". "Und gleichzeitig erlebt man, wie schmal und niedrig der Wehrgang ist, wie schwierig es sich vielleicht für den ein oder anderen Wächter gestaltete, gerüstet und bewaffnet voranzukommen", teilt die Stadt der AZ mit.

Was man bei allem Erkunden und Schauen nicht vergessen sollte: auf den Kopf aufpassen, teilweise ist die Höhe gering. Auch der Weg kann uneben sein. Aber das gehört eben zu historischer Bausubstanz dazu.
Wie viele andere Städte ihre historischen Stadtmauern zugänglich gemacht haben, kann das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege nicht beziffern. Das teilt eine Sprecherin der AZ mit. Sehr bekannt "aufgrund ihrer Größe und des guten Erhaltungszustandes" seien die Stadtmauern von Dinkelsbühl, Nördlingen, Nürnberg, Rothenburg ob der Tauber und Landsberg am Lech.
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