Sozialverträglicher Streik am Flughafen
MÜNCHEN - Fast 200 Flüge wurden am Mittwoch am Münchner Flughafen gestrichen. Für sieben Stunden legten Mitarbeiter der Gepäckabfertigung die Arbeit nieder. Die Passagiere reagieren gelassen, die Gewerkschaft Verdi deutet die Aktion als Erfolg.
Eigentlich muss so etwas im Chaos enden: 400 Beschäftigte der Flugzeugabfertigung bestreikten am Mittwoch ab 5 Uhr sieben Stunden lang den Münchner Flughafen. 183 In- und Auslandsflüge fielen aus – Stillstand am Himmel. Chaos und Krawall blieben aber aus: Die Passagiere nahmen es gelassen. Schließlich hatten sie es komen sehen.
„Wir haben die Öffentlichkeit extra früher informiert, damit sich die Passagiere darauf einstellen können“, sagt Verdi-Gewerkschaftssekretärin Lisa de Vries: „Sie sollte es nicht treffen.“ Seit Mittwoch um fünf Uhr wurden die Streikmeldungen verbreitet. Für de Vries ist der Streik eh ein voller Erfolg: „So eine Beteiligung habe ich noch nie erlebt, es sind alle voll motiviert.“
Acht Prozent mehr Lohn fordern die Arbeiter, die für das Be- und Entladen der Flugzeuge am Münchner Airport zuständig sind. Sie zogen mit Trillerpfeifen und Rufen nach mehr Lohn durch die Terminals. Das hörten aber nur vereinzelte Passagiere. Die meisten waren nach Bekanntgabe des Streiks einfach daheim geblieben oder stiegen auf Bahn oder Auto um. Die wenigen, die versuchten, einen Flug zu bekommen, zeigten Verständnis für den Streik. Mit den 183 annullierten Flügen fielen etwa 15 Prozent der für Mittwoch geplanten 1200 Starts und Landungen aus. Betroffen waren fast ausschließlich innerdeutsche Verbindungen. Da hatte der Streik vor allem die Lufthansa hart getroffen. Bei Langstreckenund europäischen Flügen gab’s dagegen nur wenige Verspätungen. Auch die Maschine des FC Bayern nach Brüssel hob mit 20 Minuten Verspätung ab.
Warnung an die Arbeitgeber
Am Donnerstag fliegen wieder Maschinen: Der Streik war nur als Warnung an die Arbeitgeber gedacht. Deshalb legte auch Robert W., der seit 22 Jahren in der Abfertigung des Münchner Flughafens beschäftigt ist, die Arbeit nieder. Der Mittvierziger erzählt: „In Dreier- Teams müssen wir die Flugzeuge be- und entladen.Maximal haben wir pro Maschine eine halbe Stunde Zeit.“ Ein Knochenjob, der außerdem fast jedes Wochenende ansteht.
Über sein Gehalt will er nicht sprechen – nicht vor den Kollegen. Denn er verdient vergleichsweise gut. Zumindest reicht es, um mit dem Halbtagsjob seiner Frau eine vierköpfige Familie durchzubringen. Dann erzählt er: „Heute früh waren Chefs hier, die sieht man sonst nie. Die haben Kollegen, vor allem die, die noch nicht lange dabei sind, eingeschüchtert. Und manche trauen sich deshalb nicht zu streiken.“ Dieses Recht lässt sich Abdulkadiec Aktas nicht nehmen. Der Mühldorfer bekommt ca. 1650 Euro netto monatlich. Davon ernährt er sich, Frau und drei Kinder. „Ein schweres Leben“, sagt er, „ich bin am Ende jeden Monats im Minus“. 150 Kilometer fährt er täglich mit dem Auto. In die Nähe des Flughafens ziehen? „Zu teuer.“ cl