Soll's die Wirtschaft richten? Münchner IHK-Chef kritisiert das Lieferkettengesetz

Der Vorstandsvorsitzende der BayWa AG Klaus Josef Lutz, ist bekannt dafür, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. In dieser Woche ist er zum Präsidenten der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern gewählt worden - und auch in diesem zusätzlichen Amt will er das offensichtlich so halten.
Im Münchner Presseclub sah Lutz Deutschland am Freitag auf dem Weg in eine Art "Öko- oder Covid-Sozialismus": "Wenn wir diese Stimmungslage nicht verändern, wird es nicht leicht werden." Der "Dirigismus" werde "von Woche zu Woche größer". Schuld daran sei nicht nur zum großen Teil die Brüsseler Verordnungsmaschinerie, sondern auch die Bundesregierung.
Menschenrechtslage zu verbessern sei nicht Aufgabe der Wirtschaft, sondern der Politik
Während auf EU-Ebene die Überlegungen für ein Lieferkettengesetz gestoppt worden seien, solle es in Deutschland zum Jahreswechsel in Kraft treten. Das werde die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen "massiv beeinträchtigen", sagte Lutz voraus.
Die Menschenrechtslage zu verbessern sei nicht Aufgabe der Wirtschaft, sondern der Politik, die das bisher nicht geschafft habe. Es sei "naiv zu glauben", dass die Unternehmen "das hinkriegen". Die Politik habe "nicht zu Ende gedacht".
Lutz wies darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft inzwischen zu einem beträchtlichen Teil von China abhänge. Würde man das Lieferkettengesetz buchstabengenau umsetzen, müssten sich die Unternehmen komplett aus der Volksrepublik zurückziehen. Die Politik müsste sich auf das zurückbesinnen, "was Wirtschaft leisten kann".

Lutz bedauerte eine in den letzten Jahren eingetretene Entfremdung von Politik und Wirtschaft und sprach sich für einen "Schulterschluss" aus.
Viele Politiker seien auch wegen verschiedener "Skandale und Skandälchen" auf Distanz zur Wirtschaft gegangen. Das sei "ein großer Fehler", so der neue IHK-Präsident.
"Was uns fehlt in diesem Land ist Mut"
Um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu sichern braucht es nach Ansicht von Lutz "mehr Mut und Entschlossenheit" und mehr neue Geschäftsideen und Modelle sowie einen Bürokratieabbau. Was derzeit alles vorgeschrieben sei, gehe eindeutig zu weit.
Die gesetzliche Anordnung einer Frauenquote für die Vorstände großer Unternehmen lehnte Lutz ab. Das Thema werde sich "von alleine lösen", zeigte sich der BayWa-Chef zuversichtlich.
"Was uns fehlt in diesem Land ist Mut", sagte Lutz mit Blick auf das Gründergeschehen. Wer mit einem Startup scheitere, ernte hierzulande Häme und trage einen Makel davon: "Das ist nicht akzeptabel, traurig, schlimm."
Die Startup-Kultur in anderen Ländern, insbesondere in den USA, unterscheide sich davon diametral.