Söder wirft von der Leyens Kommission Untätigkeit vor
München/Brüssel - In der dramatischen Corona-Krise wirft Bayerns Ministerpräsident Markus Söder der EU-Kommission Untätigkeit vor und greift die Behörde unter Präsidentin Ursula von der Leyen scharf an. "Eigentlich wäre diese Krise jetzt die Stunde Europas und die Stunde der EU-Kommission. Aber es ist merkwürdig still in Brüssel", sagte der CSU-Chef dem "Spiegel". Von der Leyen selbst hatte zuletzt betont, was die EU-Kommission in der Krise bereits angestoßen habe, und die EU-Staaten für ihre Alleingänge kritisiert.
"Wir erleben gerade eine Entsolidarisierung in Europa, die den Geist der europäischen Idee massiv gefährdet", sagte Söder. Man dürfe jetzt nicht nationalstaatlich denken, sondern müsse etwa Hilfstransporte nach Italien und Spanien europäisch organisieren. "Das gehört ganz oben auf die europäische Agenda, und da wäre die Kommission gefragt." Zugleich sei wichtig, dafür zu sorgen, dass der Grenzverkehr innerhalb Europas möglich bleibe. "Wir müssen derzeit alles bilateral lösen. Ohne die Bundeskanzlerin hätten wir echte Probleme."
Auch von der Leyen hatte die Alleingänge der EU-Staaten in der Corona-Krise zuletzt heftig kritisiert. "Als Europa wirklich füreinander da sein musste, haben zu viele zunächst nur an sich selbst gedacht", sagte die CDU-Politikerin. Inzwischen hätten die Staaten aber begonnen, einander zu helfen. Die EU-Kommission selbst versucht, die Maßnahmen der EU-Länder zu koordinieren. Ebenso hatte die Behörde lange davor gewarnt, die Binnengrenzen im Schengenraum zu schließen, und - wie Deutschland es zeitweise gemacht hat - den Export von Schutzausrüstung in andere EU-Länder zu verbieten.
Von der Leyen und ihre Kommission stießen in der vergangenen Wochen etliche Projekte an, um die Solidarität der 27 EU-Staaten zu stärken. Unter anderem wird ein gemeinsamer Vorrat medizinischer Ausrüstung zur Behandlung von Covid-19 angelegt. Auch die Rückholaktionen im Ausland gestrandeter EU-Bürger unterstützte die Kommission. Außerdem wurden etliche staatliche Beihilfen zum Kampf gegen die Krise genehmigt. In der Gesundheitspolitik hat die Behörde selbst allerdings keine Befugnisse.